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Elysium Roman 1 – Kapitel 8: Das Labor


Die drei Männer in den weißen Kitteln ließen augenblicklich von ihren Tätigkeiten ab und schauten erschreckt zur Türe, als die TRAP-Mannschaft mit gezogenen Waffen in das Labor stürmte.
„Runter auf den Boden und keine Bewegung“, schrie Harry. Während zwei von ihnen seiner Anweisung folgten, lief der dritte in Richtung der Nordwand, an der auf einer Platte einige Schalter angebracht waren. Höchstwahrscheinlich wollte er einen Alarm auslösen. Yuri schoss in seine Richtung, zielte aber absichtlich an ihm vorbei und das Projektil schlug auf Kopfhöhe in der Wand ein. Ein Stück der Kachel löste sich und fiel zu Boden. Den Mann verließ augenblicklich sein Mut, er streckte die Hände hoch und blieb stehen. Abigail drückte schnell die Labortüre zu und hoffte inständig, dass der Überfall nicht von jemandem draußen gehört worden war, während Harry zu den auf dem Boden liegenden Männern eilte.
„Wo ist der Prototyp?“, herrschte er sie an. Er hatte sich bereits kurz ein wenig umsehen können. In diesem Raum befand sich nichts, was nach einem Industrieroboter aussah. Keiner der Männer sprach ein Wort, sie pressten die Lippen aufeinander. Er ging zu dem ihm am nächsten auf dem Boden Liegenden und hielt ihm die Klinge seines Schwertes an die Kehle. „Ich frage genau noch ein einziges Mal. Wo… ist… der…“, während er jedes Wort überdeutlich aussprach, fiel sein Blick auf ein relativ flaches Plastikbecken in der Größe eines Tabletts. Es war gefüllt mit einer klaren Flüssigkeit und in dieser Flüssigkeit lag eine menschliche linke Hand, die direkt am Gelenk abgetrennt worden war. Sie sah zierlich aus, eigentlich makellos, soweit er dies von hier aus sehen konnte. Der Stumpf des Fleisches war schwarz und etwas verkohlt, der Schnitt war jedoch geradezu perfekt in einer Linie ausgeführt worden. „Was zum Teufel macht ihr irren Wichser hier eigentlich?“, stieß es aus ihm hervor und er drückte seine Klinge etwas fester gegen die Kehle des Mannes, der daraufhin kläglich stöhnte.
„Was ist los?“, fragte Yuri und kam näher. Abigail hatte auf einem Tisch glücklicherweise den Laborschlüssel gefunden und in der Zwischenzeit die Türe manuell von innen abgesperrt. Auch sie sah fragend zu Harry.
„Schaut euch diesen Scheiß hier mal an“, sagte er und deutete auf das Becken. Die beiden kamen näher und warfen ebenfalls einen Blick in die Flüssigkeit.
„Das ist ja widerlich!“, zischte Abigail. Wutentbrannt ging sie auf den Mann zu, der immer noch bewegungslos und mit erhobenen Händen vor der Schalttafel an der Wand stand. Sie trat ihm mit einem schnellen Kick in die linke Kniekehle und der Mann sackte auf seine Knie. Dann packte sie ihn an den Haaren und hielt ihm den Colt an die Schläfe. Der Mann zitterte, sein Mund war trocken vor Angst.
„Was macht ihr Schweine in diesem Labor? Zerschneidet ihr hier Menschen Stück für Stück? Ist es das? Was laufen hier für ekelhafte Experimente?“, schrie sie ihn an.
„Nein… das heißt…“, krächzte der Mann. Abigail spannte den Hahn ihrer Waffe, was ihn langsam aber sicher in Panik versetzte. Dann spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter und sah neben sich. Harry sah sie ernst an und schüttelte den Kopf.
„Mach dich nicht unglücklich. Wir werden es ohnehin gleich herausfinden“, sagte er mit beruhigender Stimme zu ihr. Dann deutete er auf eine Türe hinter ihr, auf die ein Schild mit japanischen Schriftzeichen geschraubt war. „Da steht >Sterile Zone< drauf. Schätze dort werden wir gleich mehr erfahren.“ Yuri hatte die Szene wortlos beobachtet.
„Ich komme gleich mit. Aber erst fesseln die Männer und…“, er deutete auf das Becken „ich nehmen das Ding mit. Hab Gefühl wir werden noch können brauchen“, meinte er.
„Gute Idee“, sagte Harry und klopfte Abigail kurz aufmunternd auf die Schulter. Dann ging er zu den herumstehenden Computern und zog einige Kabel heraus, mit denen Yuri und er die Männer nacheinander fesselten und knebelten, während Abigail sie mit ihrer Waffe in Schach hielt. Yuri fand nach kurzem Suchen eine Klarsichtfolie, in die er die Hand wickelte und in seine Tasche steckte, nachdem er sie notdürftig an dem Kittel eines der gefesselten Männer abgetrocknet hatte.
„Je nachdem was wir da drin finden werden, komme ich gleich wieder raus und erschieße jeden von euch Pennern…“, sagte Abigail kühl zu den Männern, die in unvorteilhafter Position auf dem Boden kauerten und ängstlich grunzten, da ein Sprechen durch die Knebel nicht mehr möglich war. Dann atmete sie tief durch, steckte ihren Colt in die Hosentasche und stapfte auf die Türe zu. Yuri nickte Harry zu und die beiden folgten ihr.

Abigail trat als erste in den Raum ein und hielt den Atem an. Sie konnte nicht glauben, was sie sah. Auch ihre beiden Kameraden hielten angesichts dieses grotesken Bildes fassungslos inne. Zu dritt näherten sie sich langsam der Szenerie. In der Mitte des großen Raumes stand ein Untersuchungstisch aus Metall, auf dem eine junge Frau lag, die offensichtlich tot war. Gekleidet war sie in einen dünnen grünen OP-Kittel, der ihren Oberkörper und Becken nur notdürftig bedeckte. Dem Aussehen nach war sie etwa 25 bis 30 Jahre alt, das war schwer zu schätzen. Ihre Haut war so hell, als hätte sie noch nie in ihrem Leben auch nur eine Minute im Sonnenlicht verbracht. Ihre glatten schulterlangen Haare hatten eine leuchtende dunkelviolette Farbe, die im indirekten Licht der Wände schimmerte. Trotz ihres eher zierlichen Körperbaus war sie an Füßen und Armen mit schweren Eisenklammern an den Untersuchungstisch gefesselt. Außerdem war ihr Körper mit unzähligen Elektroden verbunden. Die Kabel liefen in diverse Maschinen, die um den Tisch herumstanden und Echtzeitmessungen verschiedenster Art gleichzeitig auf sechs unterschiedliche Bildschirme ausgaben. An ihrem linken Arm fehlte die Hand, der Stumpf an ihrem Unterarm war verkohlt, aber absolut gerade abgeschnitten. Außerdem war an diesem Unterarm ein Display in der Größe einer Zigarettenschachtel in die Haut eingelassen. Auf dem kleinen Display leuchteten ein paar Zahlen auf und ein Batteriesymbol flackerte leicht, das in etwa eine Ladung von 50 Prozent auswies. Auf der linken Tischseite stand außerdem eine größere Maschine mit einem Schwenkarm, der einen zylinderförmigen, schwarzen Aufsatz angebracht hatte.
„Sieht so aus, als hätten wir den Laser gefunden“, sagte Harry leise und deutete auf diese Maschine. Abigails Augen wurden feucht. Sie biss die Zähne zusammen und schluckte, hatte einen Klos im Hals. Dann fuhr sie sich mit dem Ärmel übers Gesicht und atmete nochmals tief durch. Der Anblick hatte sie von den dreien am meisten mitgenommen. Es war einfach furchtbar. Die Frau sah so hilflos aus, sie musste mit Sicherheit in ihren letzten Stunden unglaubliche Ängste ausgestanden haben. Alleine hier, unter diesen perversen Wissenschaftlern.
„Was haben sie nur mit ihr gemacht? Was ist das hier für ein Alptraum?“, wisperte sie leise und mit zitternder Stimme.
„Kannst du erkennen an den Monitoren etwas?“, fragte Yuri, der langsam den Tisch umrundete und dann in die Hocke ging, um sich den Untersuchungstisch von unten anzusehen. „Sie hat sogar Kabel am Rücken…“, sagte er.
„Was? Ach du scheiße…“, erwiderte Harry und kniete sich ebenfalls hin. Es stimmte. Die Tischplatte hatte ein kreisrundes Loch und auch hierdurch führte ein dickeres Kabel in eine Art Buchse, die sich etwa auf Höhe der unteren Lendenwirbel der Frau befand. Abigail versuchte kurz, aus den Daten der Bildschirme schlau zu werden, schüttelte aber dann langsam den Kopf.
„Das sind keine Lebenserhaltungssysteme oder Messgeräte, wie man sie in einem Krankenhaus benutzt. Es gibt keine Herzschlagüberwachung, keine Lungenfunktion oder irgendetwas dergleichen. Das sind Energiemessgeräte und… Messungen für Datenübertragung? Ich verstehe das nicht…“, stockte sie.
„Datenübertragung?“, fragten Yuri und Harry nahezu gleichzeitig, woraufhin Abigail nur nickte.
„Was wir jetzt machen?“, fragte Yuri und rieb sich die schmerzende Schulter. „Hier ist kein Autobauroboter den wir bringen können zurück, Einsatz im Arsch.“ Dann machte er eine wegwerfenden Handbewegung und versuchte, abgeklärt zu klingen. Das Gegenteil war jedoch der Fall und die anderen beiden sahen es ihm deutlich an. Der Hüne schaute immer wieder besorgt zu der Frau auf dem Tisch, konnte kaum den Blick von ihr lösen. Allerdings war auch er mit seinem Latein am Ende. Abigail ging zu dem Tisch und betrachtete die Frau einige Momente. Sie spürte, wie ihr wieder die Tränen aufstiegen. Noch eine Minute, dann würde sie diesen Raum verlassen und die drei Männern draußen erschießen. Dann streckte sie die rechte Hand aus und streichelte ihr sanft übers Gesicht.
„Was haben sie nur mit dir gemacht, was haben sie dir angetan…“, flüsterte sie. Sie hielt einen Moment inne. Das Gesicht der Frau war nicht kalt, so wie sie es erwartet hatte. Sie hatte eine normale Körpertemperatur. Abigail glitt mit ihren Fingern vorsichtig hinunter zur Halsschlagader, fand aber keinen Puls. Und diese Frau atmete nicht. Noch während Abigail stutzte, begannen die Augenlider der Frau, leicht zu flackern, dann öffnete sie die Augen. Abigail erschrak fürchterlich und zog die Hand zurück.
„Was ist los?“, fragte Harry und kam mit Yuri näher zu dem Tisch. Dann verstanden sie die Reaktion der Programmiererin. Die Frau drehte langsam den Kopf zu Abigail und sah sie mit ihren großen Augen an. Auch ihre Pupillen hatten die gleiche auffällige dunkelviolette Farbe ihrer Haare, die im starken Kontrast zu ihrer hellen Haut stand.
„Hallo“, flüsterte die Frau. Ihre Stimme klang weich, fast ein wenig mädchenhaft.
„Du… lebst…?“, stammelte Abigail. Die Frau neigte ihren Kopf und schaute so gut es ihre Fesseln zuließen an sich herunter.
„Bin mir nicht sicher“, erwiderte sie leise. Dann bemerkte sie Harry und Yuri. „Hallo“, sprach sie erneut nun auch zu ihnen, die den Gruß völlig perplex erwiderten.
„Wir müssen ihr diese Scheißfesseln abmachen, jetzt!“, drängte Abigail ihre Kameraden. Sie machten sich sogleich zu dritt an den Fesseln zu schaffen und entdeckten recht schnell einen Sicherheitsgriff an den Seiten, der die Eisenklammern durch etwas Druck aufschnappen ließ. Dann begannen sie eilig, die Elektroden von ihr zu entfernen.
„Vielen Dank“, sagte die Frau, die nun deutlich überrascht war, dass ihr jemand half und sie befreite. Erst jetzt entdeckte sie, dass ihr die linke Hand fehlte. Ungläubig starrte sie auf ihren Unterarm.
„Du musst furchtbare Schmerzen haben“, meinte Abigail mit leicht zitternder Stimme zu ihr. Die Frau sah sie an und lächelte leicht.
„Nein, es geht schon“, sagte sie immer noch leise. „Ich kann das größtenteils abschalten…“ Dann erhob sie sich langsam in eine sitzende Position, wodurch das dicke Kabel an ihrem Rücken ein ganzes Stück durch das Loch in der Tischplatte gezogen wurde.
„Vorsicht!“, rief Harry besorgt zu ihr. „Da ist ein Kabel in deinem Rücken…!“ Die Frau stutzte einen Moment und griff mit ihrer verbliebenen Hand hinter sich. Sie nahm das Kabelende und drehte es, bis ein klickendes Geräusch ertönte. Dann zog sie es mit einer kurzen Bewegung aus ihrem Rücken. Dabei blitzten ein paar kleine elektrische Entladungen aus der Buchse. Sie zog das Kabelende bis vor ihr Gesicht, besah es kurz und ließ es fallen. Die verbliebene Öffnung an ihrem Rücken schloss sich, die Buchse war jedoch immer noch durch eine kleine Erhebung unter ihrer Haut zu sehen. Die TRAP-Mannschaft hatte dies ungläubig beobachtet.
„Was… wer… wer oder was bist du?“, fragte Harry. Die Frau zögerte ein wenig.
„Ich heiße Yanny. Vielen Dank, dass ihr mir geholfen habt“, erwiderte sie und lächelte wieder.
„Yanny?!“, sagte Abigail. „Du…“
„… bist der Prototyp“, vollendete Harry ihren Satz.
„Du nicht sehen aus wie Autobauroboter“, erklärte Yuri verwirrt. Yanny kicherte und ihr Lachen war dabei so ansteckend, dass die anderen nun auch grinsen mussten.
„Das ist ein schönes Kompliment, glaube ich, danke sehr“, sagte sie zu Yuri. Dann stellten sich auch die TRAP-Mitglieder mit ihren Namen vor.
„Kannst du stehen?“, fragte Abigail. Yanny überlegte kurz und schien in sich hinein zu hören.
„Ja“, antwortete sie. Dann erhob sie sich langsam von dem Tisch und die anderen halfen ihr dabei. Sie stand und ging testweise ein paar Schritte. Wenn man genau hinsah, wirkte ihr Gang im Bewegungsablauf etwas hölzern. „Es klappt gut“, nickte sie fröhlich. Plötzlich ertönte eine ohrenbetäubende Sirene.
„Verdammt, der Alarm!“, rief Harry den anderen zu. „Die haben wohl die Ingenieurin gefunden. Wir müssen hier raus! Schnell!“
„Nur wie? Schießen wir uns Weg frei?“, fragte Yuri und zog seine Pistole. Yanny hingegen zeigte nach oben an die Decke des Raumes, dort war zwischen den Kacheln ein breites Gitter angebracht.
„Da oben ist das Luftreinigungssystem. Es zieht sich durch den gesamten Komplex. Durch die Schachtanlage kommen wir bis zu dem Eingangsbereich mit dem Aufzug“, erklärte sie.
„Aber wir können nie und nimmer den Aufzug benutzen“, sagte Harry. „Der Alarm läuft und der Aufzug ist das erste, was die Sicherheitskräfte unter schwerste Bewachung stellen werden.“ Yanny nickte.
„Wir müssen den Aufzug nicht benutzen. Es gibt bei den Umkleidekabinen eine Sicherheitstüre, die einen Schacht mit einer Leiter versiegelt. Die Türe kann mit den üblichen Level-2-Chipkarten geöffnet werden. Der Schacht führt hinter dem Aufzug durch bis hoch aufs Dach, weil dort niemand den Eingang vermuten würde. Die Dachklappe ist ebenfalls mit der Karte zu öffnen, allerdings nur von innen. Man kann von dort aus hinaus, aber nicht hinein“, erklärte Yanny weiter.
„Woher weißt du das alles? Haben die dich hier überall herumgeführt?“, fragte Abigail ungläubig.
„Nein“, erwiderte Yanny grinsend und schüttelte den Kopf, sodass ihr dabei ein paar Haarsträhnen ins Gesicht fielen. „Als sie mich hier am Anfang zu Versuchszwecken kurz mit dem Zentralrechner verbunden hatten, konnte ich mir die Grundrisse der gesamten Anlage downloaden.“ Sie tippte sich dabei an den Kopf.
„Dann mal los“, brummte Yuri, stemmte sich gegen den Metalltisch auf dem Yanny gelegen hatte und schob ihn mit aller Kraft unter das Lüftungsschachtgitter.
„Wir funken Ralph mit dem Walkie-Talkie an, wenn wir auf dem Dach sind. Dann finden wir schon einen Weg…“, führte Harry aus.
„Wer ist Ralph?“, fragte Yanny, während die Sirene immer noch unangenehm vor sich hintrompetete. Ohne jedoch die Antwort abzuwarten kletterte sie auf den Metalltisch, ging etwas in die Hocke, sprang nach oben zum Gitter, packte es mit ihrer rechten Hand in den Lamellen, riss es mit der gleichen Bewegung aus seiner Verankerung und landete wieder auf dem Tisch. Sie hielt das Gitter, das gut 15 Kilo wiegen musste, als hätte es kein Gewicht, als hätte sie ein Stück Papier in der Hand. Dann warf sie es etwas hinter sich und es landete mit einem Klirren auf dem Boden. „Der Weg ist frei“, sagte sie lächelnd und richtete sich den OP-Kittel gerade, der bei dieser Aktion fast heruntergefallen war.
„Ich schon wissen wer Waschmaschine tragen wird, wenn geht kaputt“, stellte Yuri fest und fuhr sich durch den Bart.


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