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Elysium Roman 2 – Kapitel 7: Cocktail


„Er hat es geschafft, er hat es wirklich geschafft“, sagte Abigail, schloss kurz die Augen und atmete tief durch vor Erleichterung.
„Nicht und niemals daran gezweifelt“, erklärte Yuri betont gelassen. „Habe unseren Jungen springen sehen durch geöffnetes Autofenster, ist schlüpfrig wie Aal. Wer das schafft, schafft alles.“ Die beiden beobachteten mit einigem Abstand, wie Dennis Dexter seine Ansprache hielt. Sie hatten sich wieder auf das Oberdeck begeben, nachdem sie von anderen Gästen erfahren hatten, dass der Boss des größten Drogenvertriebs in Elysium und seine Gattin sich ebenfalls dort befanden. Von ihrem jetzigen Standort aus war leider keine Sicht auf den Ringkäfig und sie hatten nicht sehen können, was dort unten genau vor sich gegangen war. Als Dexter seinen Monolog endlich beendet hatte, drückte er einem der Handlanger das Mikrofon entgegen, gab seiner Frau einen harten Klaps auf das Gesäß – was ihr ganz offensichtlich ziemlich zu missfallen schien – und verließ dann mit zwei Sicherheitsleuten den Platz in Richtung Schiffsinnenraum. Yuri nickte Abigail zu und die beiden bahnten sich den Weg zu Carla, die mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck immer noch an der Reling stand. Abigail sah sich angestrengt um, konnte aber Viktor nirgends entdecken. Wahrscheinlich war er schon zum Speisesaal gegangen?
„Dürfen wir kurz sprechen Sie?“, fragte Yuri mit gedämpfter Stimme gen Carla. Die drehte sich zu den TRAP-Agenten und sah sich kurz prüfend um, ob vielleicht jemand des Personals in der Nähe war und mithören konnte. Zum Glück war dies gerade nicht der Fall.
„Sie wünschen?“, erwiderte sie und nahm eine sehr gelassene Körperhaltung ein, um den Schein zu wahren.
„Wir haben eine Info bekommen, dass unser Ziel beim Finale ein geheimes Treffen in seinen Privatgemächern haben wird. Sagt Ihnen das etwas und wo befinden sich diese Räumlichkeiten?“, flüsterte Abigail. Carla wirkte ehrlich überrascht und spielte an ihrem Ohrring, während sie versuchte sich einen Reim auf diese neue Information zu machen.
„Also von einem Treffen weiß ich tatsächlich nichts. Seine Privatgemächer befinden sich hier auf diesem Stockwerk und zwar ganz vorne am Bug. Es ist die größte Kabine auf dem Schiff mit Panoramafenster und Luxusausstattung vom Feinsten“, erklärte sie. „Was auch immer er vorhat, es wäre natürlich die perfekte Gelegenheit um…“
„Genau das“, unterbrach sie Abigail und lächelte.
„Die Türe zur Kabine wird mit Sicherheit nicht unbewacht sein, bei diesem Problem kann ich Ihnen nicht helfen. Jedoch kann ich Ihnen das hier geben, um die Sache zu erleichtern“, murmelte Carla, begann in ihrer Handtasche zu kramen und etwas hervorzuholen. „War schön Sie kennengelernt zu haben“, sagte sie dann laut und lächelte, streckte Abigail die Hand entgegen. Als diese den Handschlag erwiderte spürte sie, wie ihr Carla einen Schlüssel in die Handfläche drückte, den sie an sich nahm.
„Ganz unsererseits“, sagte Abigail mit freundlichem Gesicht. Dann schlenderte sie mit Yuri Richtung Pool, während Carla sich auf den Weg zum Innenbereich machte.
„Hier, nimm du“, sagte Abigail zu Yuri und übergab ihm nun den Schlüssel. Der warf einen kurzen Blick darauf nickte.
„Wie vorgehen wir weiter?“, fragte er und rieb sich den Nacken. Die Wirkung des Alkohols war immer noch nicht verflogen. Abigail ging zur Reling, beugte sich etwas vorne über und zeigte nach unten. Yuri folgte ihrer Geste.
„Die Sea Lord hat ganz unten auf jeder Seite ein Rettungsboot hängen. Würde sagen, du kümmerst dich um Dexter und dann versuchen wir, eines von den Booten zu kapern und uns alle damit abzusetzen. Das ist wahrscheinlich die beste Lösung. Wenn man erst merkt, dass er tot ist, werden die Sicherheitskräfte auf dem Schiff keinen Stein auf dem anderen lassen. Wir werden zur Küste rudern und sind dann aus dem Schneider“, nickte sie. „Ich werde während deines Einsatzes in unserer Kabine auf Harry und Yanny warten, begib dich danach dorthin und wir verschwinden zusammen.“
„Klingt nach… Plan“, brummte Yuri.
„Ja… Plan“, bestätigte die Programmiererin langsam und kräuselte die Lippen.

Harry stöhnte vor Schmerzen auf, als er sich mit Yannys Hilfe auf das Bett legte. Sie hatte ihn den ganzen Weg vom Ring in die Kabine stützen müssen, da er aus eigenen Kräften kaum hatte gehen können. Nach dem Kampf, als die erste Anspannung etwas nachgelassen hatte und sein Adrenalinspiegel abgesunken war, spürte er die gebrochenen Rippen um ein Vielfaches stärker. Er konnte nur noch flach atmen und als Yanny ihm schließlich aus dem Oberteil geholfen hatte, konnte man deutlich sehen, dass an der Stelle an der ihn Troy getroffen hatte, nicht viel zu einer offenen Rippenfraktur fehlte.
„Du kannst so unmöglich weiterkämpfen!“, entfuhr es Yanny, die entsetzt auf den riesigen Bluterguss starrte.
„Ich muss, wir haben keine Wahl“, keuchte Harry. „Gibt es aus medizinischer Sicht irgendeine Möglichkeit, mich wieder einigermaßen zusammen zu flicken, bevor das Finale beginnt?“
„Bei den Rippen haben wir da eigentlich keine Chance. Ich kann dir ein Betäubungsmittel an den Rippenrand spritzen, das dämpft die ärgsten Schmerzen für einige Stunden ab. Jetzt nichts sagen und nur atmen“, wies sie an, während sie die Tasche mit den Medizinutensilien öffnete, eine Spritze und eine Ampulle hervorholte und den Inhalt dann langsam in die Spritze aufzog. Er tat, wie sie ihm befohlen hatte. „Wir haben Glück soweit ich das beurteilen kann. Deine Lunge scheint in Ordnung zu sein“, erklärte sie nach einer halben Minute des Hörens und verabreichte ihm dann das Schmerzmittel. „Bis die Wirkung eintritt, wird es eine Weile dauern. Harry, du kannst unmöglich…“ Er schüttelte den Kopf und winkte ab.
„Ich habe früher auch schon einiges abbekommen und bin Verletzungen gewohnt. Werde die Seite einfach so gut wie möglich abdecken, mach dir keine Sorgen“, sagte er und lächelte sie an. Sie sahen sich einige Sekunden in die Augen, bis auch Yanny sich etwas entspannte. Er war ohne Zweifel ein guter Kämpfer und es würde ihm nicht helfen, wenn sie sich von den Sorgen um ihn überwältigen ließ.
„Ich… habe etwas für dich, wenn du es möchtest“, sprach sie leise, stand dann vom Bettrand auf und begann, erneut den langen Rock ihres Kleides behutsam hochzuziehen. Er schluckte und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Was hatte sie jetzt vor?
„Yanny…?“, krächzte er fragend mit trockener Stimme.
„Ja? Was denn?“, antwortete sie flüsternd.
Wie gebannt sah er sie an und vergaß für Momente seine Schmerzen, als der Rocksaum hoch über ihre Knie und noch höher rutschte, schließlich den Blick auf ein breites, schwarzes Spitzenstrumpfband auf ihrem rechten Oberschenkel freigab. Sie beobachtete ihn und seine Reaktion genau, hatte dabei den starken Eindruck, dass er sie sehr gerne ansah und lächelte.
„Abigail hat mir den Tipp mit dem Strumpfband gegeben, ein perfektes Versteck“, erklärte sie und zog aus eben diesem eine nur wenige Zentimeter lange, dünne Phiole hervor, ließ dann den Rock wieder sinken und hielt sie ihm hin. Harry räusperte sich, nahm den Gegenstand entgegen und betrachtete ihn. Die Phiole enthielt eine rötlich schimmernde Flüssigkeit.
„Was ist das?“, fragte er.
„Das ist ein Destillat aus verschiedenen Wirkstoffen. Da ist alles Mögliche drin, Vitaminpräparate, hochdosiertes Koffein, Amphetamine aller Art und diverse Drogen, die man bei uns um den Block kaufen kann“, erklärte sie, machte ein unschuldiges Gesicht und fuhr sich verlegen durch die violetten Haare. Er sah sie ungläubig an.
„Also deswegen wolltest du diesen Chemiekasten vor einiger Zeit haben? Drogen?! Was genau treibst du eigentlich, während wir anderen in der Nacht schlafen?“, grunzte Harry.
„Denke ich habe es geschafft, dass man nach diesem Präparat nicht süchtig wird. Sonstige Nebenwirkungen sind aber natürlich nicht absehbar und natürlich kann ich es leider nicht an mir selbst testen. Dachte nur, wir könnten vielleicht eine Dosis von dem Zeug bei diesem Auftrag brauchen, falls irgendetwas schief geht. Es würde dich zweifellos aufputschen…“, sprach sie weiter ohne auf seine Frage einzugehen und klimperte dabei zuckersüß mit den Augen. Er merkte sehr wohl, dass sie dies Tat um vom Thema abzulenken.
„Ist denn in diesem Zeug irgendetwas enthalten, das nicht auf die Dauer gesundheitsschädlich ist?“, seufzte er.
„Ja, die rote Farbe kommt vom Granatapfelsaft“, erläuterte sie stolz und kicherte. Harry seufzte erneut tief und drehte die Phiole in seiner Hand, die mit einem winzigen Korken verschlossen war. Mittlerweile hörte man von Draußen das Getöse des zweiten Halbfinales durch die geschlossene Türe.
„Wie nimmt man das Zeug ein?“, fragte er skeptisch.
„Einfach schlucken“, sagte sie knapp und sah ihn erwartungsvoll an. Ein völlig ungetestetes Aufputschmittel also, dessen genaue Wirkung niemand voraussehen konnte. Das Finale stand kurz bevor und es würde zweifelsohne noch härter werden, als der Kampf gegen Troy.
„Wird mir davon ein zweiter Kopf wachsen?“, brummte er und schüttelte die Phiole etwas.
„Ich glaube nicht“, erwiderte sie nach kurzem Überlegen und tippte mit dem Zeigefinger auf ihre Nasenspitze. Warum hatte sie auf diese Frage hin überhaupt erst überlegen müssen? Andererseits… was hatte er für eine andere Wahl?

Nachdem Roy Hellfist seinen Gegner – einen drahtigen Ringer aus West-Elysium – wie zu erwarten war im Ring in der zweiten Runde geradezu pulverisiert hatte, begab sich die Menge zum großen Speisesaal. Das Spektakel hatte den Appetit der Gäste ordentlich angeregt. Abigail und Yuri nutzten den allgemeinen Auflauf, um sich schließlich in Richtung von Dexters Kabine abzusetzen. Wie zufällig schlenderten sie zusammen den Gang entlang und kamen schließlich in Sichtweite von zwei Sicherheitsmännern in schwarzen Anzügen.
„Da vorne, das muss die richtige Kabine sein“, murmelte Abigail zu dem leicht wankenden Hünen neben ihr. „Wirst du mit den beiden später fertig?“ Yuri grunzte bestätigend.
„Haben Sie sich vielleicht verlaufen?“, rief einer der beiden Wachen den Agenten zu. „Der Speisesaal ist einen Stock tiefer, wenn Sie den suchen.“
„Aaah… nein, meine Frau und ich nur wollten besichtigen Schiff. Sehr beeindrucken ist“, antwortete Yuri mit einem schiefen Grinsen und stieß auf. „Komm Schatz, gehen wir speisen in Saal“, brummte er und Abigail hakte sich bei ihm ein, um den Schein zu wahren.
„Ja Mausebär, gehen wir“, presste sie zwischen den Zähnen hervor. Dann machten sie auf dem Absatz kehrt und wollten schon den Gang zurückgehen, als ihnen eine Dame in Uniform mit einem Speisewagen voller edel aussehender Köstlichkeiten entgegenkam. Offensichtlich war sie damit auf dem Weg zu Dexters Kabine. Yuri sah die Dame an und sie erkannten sich sofort. Lisa Muller zog beide Augenbrauen hoch und schüttelte nur mit finsterer Miene den Kopf, als sie ihn bei Abigail eingehakt sah.
„Heute scheinen wir uns ja öfter zu begegnen… und diesmal ist sogar Ihre Gattin dabei“, bemerkte Lisa kalt. „Naja, schönen Abend noch, Herr Casanova…“
„Aber ich…“, setzte Yuri zu einer Erklärung an, sofort boxte ihn Abigail jedoch in die Seite.
„Klappe halten und schön weitergehen…“, zischte sie. Yuri sah Lisa kurz nach. Was für einen wundervollen Gang sie doch hatte und wie schön ihr Pferdeschwanz hin- und herwippte, während sie den Speisewagen schob. Er seufzte schnaubend. „Kanntest du die Dame?“, fragte Abigail leise, als sie um die nächste Ecke gebogen waren.
„Nur vom kurz Sehen. Lisa sie heißt. Ist sie nicht wunderschön?“, antwortete er und schien plötzlich mit einem verträumten Blick geistig etwas abwesend zu sein.
„Sag mal Yuri, du säufst wie ein Loch und hast dich jetzt auch noch mitten im Einsatz verliebt?“, bohrte Abigail nach und sah ihn mit großen Augen an. Der Hüne zuckte mit den Schultern.
„Weiß nicht, vielleicht…“, brummte er und kratzte sich am Hinterkopf.
„Voll unprofessionell, findest du nicht? Immerhin sind wir eine seriöse Agentur. Also mir könnte das nicht passieren“, grummelte Abigail. Dann spürte sie, wie die Visitenkarte von Viktor auf der Innenseite ihres BHs kratzte und wurde rot. „Also, glaube ich zumindest…“

Der Weg zum Ring erschien Harry diesmal viel länger. Er konnte den Beginn des Kampfes kaum abwarten und fühlte sich fantastisch. So wach wie noch nie zuvor in seinem Leben hatte er keinerlei Schmerzen, wollte Bäume ausreißen. Jubel brandete auf, als ihn die Menge ins Scheinwerferlicht treten sah. Die Kapuze des Umhangs war wieder tief ins Gesicht gezogen und er schaute auf den Boden. Es war, als würde das Licht selbst in tausenden Reflektionen von Staubpartikeln glitzern und er hatte den Eindruck, als würde der Jubel der Menge und das Getöse der Fanfaren die strahlenden Farben eines explodierenden Regenbogens erzeugen. Farben, die wie bei einer Vulkaneruption durch rohe Urgewalt hoch hinaus in den Nachthimmel von 86 geschleudert wurden und zusammen mit der langsam vorbeiziehenden Skyline von Elysium ein grandioses Bild ergaben. Es war alles wie in einem sonderbaren Fiebertraum: er badete geradezu in einer fantastischen Klarheit der Konturen und Lichter, die jedoch wieder und wieder von einer Welle an Surrealität überspült wurde.
„Wir müssen weiter“, hörte er Yannys sanfte Stimme und spürte dann ihre Hand, die ihn bedächtig von hinten anschob. Erst jetzt bemerkte er, dass er auf dem Weg zum Ring stehengeblieben war und auf die Lichter der Hochhäuser in Richtung Küste gestarrt hatte, weil sie ihm so faszinierend erschienen waren. Er nickte und gemeinsam erreichten sie ihre Ringseite. Der intensive Geschmack von Granatapfelsaft haftete immer noch auf seiner Zunge. Was immer sie ihm da zum Trinken gegeben hatte, es war zu einem unvergleichlichen Erlebnis geworden. Wie lange dieser Trip wohl anhalten würde? Nur am Rande bekam er mit, wie Roy Hellfist unter großem Getöse zum Ring stapfte. Der Bodybuilder war fast einen Kopf größer als Harry, trug hautenge orangene Wrestlerhosen und weiße Stiefel. Seinem nackten, beeindruckend austrainierten Oberkörper sah man sofort an, dass bei dessen Ausgestaltung eine große Menge Anabolika mit im Spiel gewesen sein musste. Auf dem Kopf trug er eine Kappe der >Elysium Smogsniffers<. Entweder war er ein echter Fan dieser erfolgreichsten aller Sucker-Punch-Soccer-Mannschaften der Stadt, oder er erhielt zusätzliche Werbeeinnahmen durch das Tragen von Merchandiseprodukten. Dann betrat der Ansager Travis Campbell den Ring. Sein Kopf war bis auf die Augen und einen Schlitz für den Mund komplett mit Mullbinde eingewickelt. Harry beobachtete den Schnüffler genau, der sich nun weigerte den Kampf von der Ringmitte aus anzusagen, weil er somit näher an Harry hätte herantreten müssen. Stattdessen krächzte er seinen Sermon in das Mikrofon, während er sich hinter Roys breitem Rücken versteckte. Es sah im Grunde so aus, als würde eine gerade frisch auferstandene Mumie dem Publikum die Kontrahenten vorstellen. Als auch diese Prozedur endlich vorbei war und Travis so schnell als möglich den Ring wieder verließ, konnte es losgehen. Carla Brandon stand ein Stockwerk über dem Ring und sah dem Kampf von oben aus zu, ihr Mann Dexter hingegen war nirgends zu sehen. Der Gong ertönte. Hellfist war ein anderer Charakter als Troy, verhielt sich in den ersten Momenten des Kampfes abwartender. Die beiden umrundeten sich, tasteten mit Andeutungen von Schlägen die Reaktion des Gegners ab. Dann setzte der Bodybuilder zu einem ersten echten Schwinger an. Für Harry war es mit einem Mal so, als würde er die Bewegungen seines Gegners wie in Zeitlupe wahrnehmen. Sein bis zur Grenzenlosigkeit gesteigertes Aufmerksamkeitsvermögen analysierte bereits an der ersten Schulterbewegung des Gegners, was dieser vorhatte. Er konterte mit einem Ellenbogenblock den Schwinger ab und antwortete mit einem schnellen Kettenschlaghagel auf die Brust des Gegners. Die ungewöhnlich flinke Reaktion Harrys brachte den Muskelberg aus dem Konzept. Die Treffer zeigten keine große Wirkung auf den massigen Körper, überraschten ihn jedoch. Hellfist setzte sofort zu einem Schwinger mit dem anderen Arm an und diesmal wich Harry nach unten aus. Als die Faust des Gegners knapp über ihm hinweggeflogen war, sprang er aus der Hocke fast einen Meter hoch und setzte dann einen Kick mit voller Wucht oberhalb der rechten Kniescheibe des Gegners. Dieser schrie laut auf, sein Bein knickte weg und er brach auf die Knie zusammen. Siegessicher begann Harry abermals, ihn mit schnellen Schlägen einzudecken, diesmal gegen den Kopf. Der Punkt war erreicht, an dem er nur noch reagierte und unzählige Male antrainierte Techniken abspulte, die tief in seinem Muskelgedächtnis verankert waren. Hellfist riss seine Deckung hoch und ließ die Schläge auf seinen Unterarmen abtropfen. Dann wuchtete er sich mit der Kraft seines unverletzten Beins nach oben und schlug Harry einen Aufwärtshaken gegen das Kinn, sodass dieser über zwei Meter zurückgeschleudert wurde und auf dem Boden landete. Harry spürte den krachenden Aufprall durchaus, spürte den Schlag auf seinem Kiefer und doch: ihm tat nichts weh. Hellfist humpelte sofort in seine Richtung, um ihn zu einem Bodenkampf zu zwingen, bei dem er rein durch seine viel geringere Körperkraft keine Chance gehabt hätte. Wieder war es so, als würde Harry die Momente in Zeitlupe miterleben. Im Liegen nahm er mit beiden Beinen Schwung auf und sprang wie ein Akrobat direkt in den Stand, drehte sich blitzschnell und platzierte einen Kick aus voller Drehung direkt an den Kopf von Hellfist. Harry tat dies so schnell, dass sein Gegner nicht einmal Zeit genug hatte, die Deckung hochzunehmen. Trotz des enormen Wuchtschlags blieb dieser jedoch auf den Beinen und taumelte nun mit glasigen Augen durch den Ring, versuchte zu realisieren was eben passiert war und hatte offensichtlich die Orientierung verloren. Harrys Herz schlug ihm nun bis zum Hals, eine leichte Übelkeit stieg auf. Es musste dieser Drogencocktail sein, der seinem Organismus mittlerweile zu viel abzuverlangen schien. Er musste den Kampf beenden, bevor die Runde zu Ende war und durfte seinem Gegner keinesfalls die Gelegenheit geben, sich in der Ringpause zu erholen. Was würde geschehen, wenn die Wirkung von Yannys Serum plötzlich nachließ? Hellfist torkelte in Richtung Gitterwand und Harry nahm Anlauf. Der Muskelberg merkte was er vorhatte und versuchte, ihn mit einem ausgestreckten Arm zu Fall zu bringen. Harry duckte sich wie ein Limbotänzer in vollem Lauf unter dem baumdicken Arm hindurch und nutzte den Schwung des Laufs aus. Er rannte knapp hinter ihm die Gitterwand des Käfigs hoch, als würden die Gesetze der Schwerkraft für Sekunden ihre Wirkung verlieren, stieß sich fast oben am Käfigrand angekommen von der Wand ab, drehte sich in der Luft und hechtete auf Hellfist zu. Noch im Flug umschlang Harry mit seinen Oberschenkeln dessen Hals, saß nun auf seinem breiten Nacken und begann sofort, furchtbare Ellenbogenschläge auf dessen Kopf zu setzen. Die Menge tobte und die Stimmung hatte ihren Höhepunkt erreicht. Die Leute hatten ein spannendes Finale erwartet, keiner hatte jedoch mit dem rechnen können, was sie hier zu sehen bekamen. Dexters Leibwächter packte Harrys Beine und versuchte verzweifelt, die Umklammerung um seinen Hals zu lösen. Die harten Schläge, die jedoch von oben auf seinen Kopf hernieder sausten, ließen schon nach wenigen Sekunden die Kräfte aus seinen Armen schwinden. Er taumelte und fiel so geradewegs in die Mitte des Rings, zusammen mit Harry, der immer noch auf seinen Schultern saß und ihn gleichzeitig würgte und auf ihn einprügelte. Durch den erneuten Aufprall auf den Ringboden wurde Harry von seinem Gegner abgeworfen und rollte von ihm weg. Den nächsten Angriff erwartend, rappelte er sich sofort wieder hoch und ging erneut in Kampfstellung, Hellfist war jedoch regungslos liegen geblieben. War es wirklich vorbei? Es war vorbei. Harry hielt sich die Seite mit den gebrochenen Rippen, atmete tief durch und fragte sich, wie lange er das noch würde tun können, ohne vor Schmerzen ohnmächtig zu werden. Er merkte nun deutlich, dass es auch seinem Unterkiefer nicht mehr all zu gut ging. Der Gong wurde geschlagen und die Fanfaren ertönten wieder. Die Käfigtüren wurden geöffnet, der Ansager und zwei Sicherheitskräfte betraten den Ring. Harry hatte jedoch nur Augen für Yanny, die sofort zu ihm gelaufen kam und augenblicklich begann, ihn zu untersuchen, ob eventuell Erste-Hilfe-Maßnahmen notwendig waren. Kurz darauf kam eine Dame in einem festlichen Kleid in den Ring und trug einen goldenen Pokal mit sich. Harry und Yanny sahen sich für einige Momente an und lächelten sich zu. Zu spät bemerkten die beiden, wie Roy Hellfist sich mit einem Mal wieder zu bewegen begann, als die beiden Sicherheitskräfte bereits dabei waren, den vermeintlich Toten zu packen um ihn aus dem Käfig zu tragen. Er stütze sich aus seiner liegenden Position hoch, zog die Pistole des vor ihm knienden Wachmannes aus dem Holster, schaute sich kurz um und entdeckte Harry. Dann drückte er ab. Yanny bemerkte im letzten Moment was vor sich ging und sprang vor Harry, um ihn zu schützen. Der Schuss, der Harry galt, löste sich und traf sie direkt in den Bauch. Dann brach der Bodybuilder endgültig tot zusammen und die Pistole fiel aus seiner Hand. Die Entsetzensschreie der Leute waren über die ganze Yacht zu hören.


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