Elysium Roman 4 – Kapitel 3: Die Wahrheit ist irgendwo dort unten
June 30, 2023
Harry und Abigail warteten minutenlang regungslos draußen hinter der breiten Säule und hielten ihren Atem flach um zu lauschen, nachdem sie der Wagen mit den gelben Fässern passiert hatte. Vielleicht wären sie sogar der Versuchung erlegen ihre Helme abzunehmen um so besser hören zu können, wäre die Strahlung in diesem Areal nicht ohnehin schon bedenklich hoch gewesen.
„Was meinst du, sollen wir hinterher?“, flüsterte Abigail. Sie machte sich Sorgen um Yuri. Aus ihrer Deckung hatten sie zumindest erspähen können, dass die Leute in dem an ihnen vorbeifahrenden Kleinlaster bewaffnet waren. Wahrscheinlich würden sie keine Sekunde zögern, sofort auf Eindringlinge zu schießen.
„Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt falsch liege… aber wahrscheinlich ist es besser wir warten vorerst noch eine Weile hier ab. Wir wissen nicht was da hinten vor sich geht, aber Kampflärm hätten wir auf jeden Fall gehört. Wenn Yuri sich jetzt versteckt hält, lassen wir vielleicht die Situation eskalieren, wenn wir einfach so von hinten auftauchen“, erwiderte Harry. Ihm war allerdings nicht wohl dabei, seinen Freund in einem Moment der Gefahr alleine zu lassen.
„Okay“, gab Abigail zögerlich zurück. „Wir warten.“ Ihre Stimmlage ließ erahnen, dass sie ähnlich fühlte. Einige Zeit nachdem der Motor nicht mehr zu hören gewesen war konnten sie nun schließlich vernehmen, wie die Fässer von dem Wagen abgeladen wurden. Dumpf drangen die Stimmen der Männer zu ihnen, die sich gegenseitig Anweisungen gaben, wie und wohin die Fracht am besten zu verstauen sei. Wenig später dann ein lautes Krachen. Abigail zuckte leicht zusammen und blickte mit großen Augen zu Harry. Der schüttelte sachte den Kopf.
„Das war kein Schuss. Klang eher wie eine zugeschlagene Türe oder eine Metallklappe?“, erwiderte er und nuschelte ein „hoffe ich“ hinterher. In diesem Moment erstarrte er vor Schreck, als er weit hinter ihnen im Gang einen sich bewegenden schwarzen Fleck an der Decke ausmachen konnte.
„Was ist los?“, fragte Abigail mit unterdrückter Stimme und drehte sich dann in die Richtung um, in die Harry blickte. Es war die Richtung, aus der sie gekommen waren. Zuerst konnte sie nichts entdecken und kniff die Augen zusammen. Erst als sich der Crawler langsam wieder rührte, sein Körper sich direkt vor eine der Neonröhren bewegte und ihr Licht verdeckte, konnte man ihn deutlicher sehen. Abigail versuchte ihren Atem gleichmäßig und ruhig zu halten, um die aufkommende Angst und den Fluchtinstinkt zu unterdrücken.
„Er hat uns noch nicht entdeckt“, murmelte Harry. Dann verstaute er das handliche Strahlenmessgerät in einer der Anzugtaschen und zog sein Schwert mit einer leisen Bewegung aus dem Gürtel. Eben diese Bewegung bereitete ihm Schmerzen, die gebrochenen Rippen meldeten sich wieder. Immerhin unterdrückten die Medikamente, die er vor ein paar Stunden eingenommen hatten, das Schlimmste. Abigail überlegte indessen fieberhaft. Wenn sie jetzt zum Schießen gezwungen sein würde, dann würde ihre Deckung sofort auffliegen. Hier in diesem breiten Gang würde sich der Schall der Waffe weit und ungehindert fortpflanzen können, genau wie das Motorengeräusch vorhin. Der Crawler verhielt sich hingegen noch ruhig dort oben. Es war fast so, als würde er interessiert die Lichtanlage studieren.
„Harry…?“, flüsterte Abigail leise.
„Das ist wahrscheinlich nur ein Späher, die Vorhut. Nach allem was wir jetzt wissen, tauchen sie immer nur in Gruppen auf, nicht wahr?“, gab er zurück.
„Ja“, erwiderte sie fast tonlos. Sie waren beide unentschlossen ob es sinnvoll war, langsam um die Säule zu schleichen hinter der sie vor dem Lastwagen in Deckung gegangen waren, um sich nun besser vor dem Crawler verbergen zu können. Allerdings würde er Bewegungen oder Geräusche wahrscheinlich leichter wahrnehmen können. Dann wurde plötzlich ein Motor angelassen, Knattern und Brummen ertönte aus der Richtung, in die Yuri vorhin geflüchtet war. Abigail kniff für einen Moment die Augen zu und merkte, wie ihr ein paar Schweißtropfen von der Stirn über die Nase rannen.
„Bitte nicht…“, presste sie leise hervor. „Schau’ nicht hierher, du Mistvieh…“ Harry rechnete jede Sekunde mit einem Angriff und hoffte nur, dass er sich in diesem Anzug würde einigermaßen gut bewegen können. Der Crawler hörte das Motorengeräusch und sah in die Richtung der TRAP-Agenten. Für einen Moment wurde das Licht der weißen Neonröhren an der Decke in seinen kohlrabenschwarzen Pupillen auf furchteinflößende Weise reflektiert. Harry hatte das Gefühl, dass sie sich für eine Sekunde gegenseitig in die Augen sahen, dass er sie nunmehr genau erspäht hatte. Das Motorengeräusch kam näher, wurde lauter. Der Crawler öffnete den Mund und stieß ein gurgelndes Fauchen aus. Anstatt jedoch zum Angriff überzugehen spannte er alle Muskeln an, ließ sich von der Decke fallen und landete auf allen Vieren. Dann machte er auf der Stelle kehrt und lief den Gang in die entgegengesetzte Richtung zurück.
„Du hattest recht, war wohl nur die Vorhut“, schnaufte Abigail und zog sich mit Harry noch weiter hinter die Säule zurück, um den sich nähernden Scheinwerferlichtern des Lastwagens zu entgehen. Das Fahrzeug fuhr bedächtig aus dem Nebeneingang heraus, nahm dann jedoch schnell an Fahrt auf und bretterte den Gang in die Richtung entlang, aus der es gekommen war. In etwa 100 Metern bog der Laster in eine Rechtskurve ein und verschwand aus dem Blickfeld der beiden. Momente später hörten sie Yuris schwere Schritte, der aus dem Nebengang zügig auf sie zumarschierte.
„Schnell, müssen hinter Wagen her“, erklärte er knapp und winkte seinen Kameraden, ohne seine Geschwindigkeit zu verlangsamen.
„Ah, was für ein Glück, dir ist nichts passiert“, freute sich Abigail, von der einiges an Anspannung abfiel als sie ihn erblickte. „Da hinten warten wahrscheinlich ein paar Crawler auf uns…“, begann sie mit einer Erklärung und zeigte in die Richtung, in die der Crawler verschwunden war.
„Schnell, müssen uns das ansehen ganz am anderen Ende vom Tunnel da“, gab Yuri nur hastig zurück. Harry und Abigail sahen sich kurz an und nahmen sofort seine Verfolgung auf.
„Was ist denn eigentlich passiert?“, fragte Harry.
„Keine Zeit für Erklärungen, wir müssen zu Loch. Müssen uns das unbedingt ansehen. Irgendwas hier läuft. Vielleicht hilft uns weiter mit Lösung von Fall?“, schnaufte Yuri und ging in einen leichten Lauf über.
„Ein Loch hilft uns?“, murmelte Abigail verwirrt und versuchte, mit den beiden Männern und ihren längeren Beinen mitzuhalten. Immerhin waren sie jetzt wieder vollzählig, was ihre Überlebenschancen bei einem erneuten Crawlerangriff deutlich erhöhen würde. Hoffte sie zumindest. Die drei liefen an den anderen Nebeneingängen vorbei und Yuri erklärte ihnen in ein paar kurzen Sätzen, dass sich wahrscheinlich in allen von ihnen schlecht versiegelter Atommüll befinden musste. Harry zog aufgrund dessen erneut das Messgerät aus der Tasche. Je näher sie der Kurve kamen, in die der Lastwagen eingebogen war, desto höher wurde die Strahlung. Sie stieg noch einmal geradezu sprunghaft an. Kurz vor der Einbiegung hielten sie an und duckten sich. Die Computerspezialistin warf einen prüfenden Blick zurück und atmete tief durch, als sie sichergegangen war, dass niemand ihre Verfolgung aufgenommen hatte. Jedoch wurden Geräusche von vorne hörbar. Motoren, Stimmen, Arbeitslärm… Sie bogen vorsichtig weiter in die Kurve ein. Harry linste in geduckter Haltung um die Ecke. Vor ihnen lag ein ausladend großer Hohlraum, in dem – so schätzte er – etwa 40 Leute verschiedenen Tätigkeiten nachgingen. Ein Gabelstapler brachte weitere Fässer auf die Ladefläche des wieder zum Stehen gekommenen Kleintransporters. Er sah Männer, die ganz offensichtlich radioaktiven Abfall mit einer Pumpe aus einem rostigen und tropfenden Tank in weitere dieser Behälter abfüllten. Es waren einige Wachen mit vergleichsweise schwerer Bewaffnung aufgestellt, die diese unterirdische Halle absicherten. Er konnte auch zwei Wachhunde ausmachen, die nur notdürftige Schutzrüstungen trugen. Die Köpfe waren nahezu ungeschützt, Ohren und Mäuler waren unverdeckt. Ohne ihren Geruchssinn und das Gehör wären die Tiere für ihre Aufgabe vollkommen unbrauchbar gewesen. Harry wusste was das bedeutete. Die Tiere waren dem Tod geweiht, die Strahlung war hier viel zu hoch. Selbst wenn sie längere Zeit überlebten, würde man sie nicht mehr mit zurück an die Oberfläche nehmen können. Sie würden diesen Ort keinesfalls lebend verlassen. War >Anton< auch für dieses Schicksal bestimmt? Waren dafür die Hundezwinger gedacht, die sie am Eingang des Gangs gefunden hatten? Er ließ den Blick weiter schweifen. Stellenweise eingetrocknete Blutflecke zierten den Boden, Einschusslöcher in den Wänden. Über all dem, ein großes rundes Loch in der Höhlendecke, das kerzengerade nach oben verlaufen musste. Eine an vier dicken Stahlseilen hängende Aufzugplattform war durch das Loch bis zum Grund heruntergelassen worden, allerdings war die Plattform leer. Höchstwahrscheinlich wurde der radioaktive Abfall von dort aus nach unten geschafft. An der Kontrollstation des Aufzugs prangte ein Schild mit der Aufschrift >POWERS Generating Plant< und einem Symbol für Hochspannung im Schriftzug. Dann fiel sein Blick auf einen großen Müllcontainer, in dem sich nicht nur verschiedene Teile an Metallschrott befanden. In dem Container lagen auch einige Leichen von Crawlern neben zerfetzten und blutverschmierten Schutzanzügen. Es machte den Eindruck, als wäre dieser Ort öfter den Angriffen von solchen Rudeln ausgesetzt gewesen. Noch zwei andere Gänge führten aus dieser Halle. Allerdings konnte Harry keine Anzeichen dafür entdecken, wohin sie führen konnten. Dieser unterirdische Komplex musste noch viel größer sein, als sie bisher angenommen hatten. Harry zog sich vorsichtig mit den beiden anderen zurück in die Kurve und berichtete ihnen, was er hatte erspähen können. „>POWERS Generating Plant<, sagt euch das irgendetwas?“, fragte er, nachdem er seinen Bericht beendet hatte.
„Ja“, bestätigte Abigail, die als Einzige von den Dreien aus Elysium stammte und so natürlich über die beste Ortskenntnis verfügte. „POWERS ist der größte Energieversorger der Stadt, die betreiben ein riesiges Atomkraftwerk im Industrieviertel. Demnach müssen wir auf unserem Weg schon ziemlich weit nach Süden abgedriftet sein. Wahrscheinlich befinden wir uns sogar direkt unter dem Kraftwerk?“
„Ist das hier so Brauch, strahlende Müll und Brennstäbe direkt unter Stadt zu entsorgen?“, warf Yuri ein.
„Nein, natürlich nicht“, schüttelte Abigail leicht fassungslos den Kopf. „Ich weiß nicht viel über dieses Unternehmen, außer dass sie ab und an eine ganze Seite in der Zeitung mit ihrer Werbung bestücken, um für sichere und saubere Energie zu werben. Das hat eigentlich alles einen recht seriösen Eindruck gemacht beim Durchblättern, soweit ich mich erinnern kann. Ich überblättere Werbeanzeigen natürlich einfach wie jeder andere auch, so spannend sind die nicht“, zuckte sie dann mit den Schultern.
„Saubere Energie…“, wiederholte Harry und schüttelte ebenfalls den Kopf. „Die lagern ihren Dreck einfach hier ab, ohne Rücksicht auf Verluste. In Neo Tokyo und Fukomata gibt es selbstverständlich auch Atomkraftwerke, aber dort wird der Müll zu einem gemeinsamen Endlager geschafft, das sich weit weg von allen bewohnten Gebieten befindet“, erklärte er. „Meine Heimat ist alles andere als perfekt, aber zumindest funktioniert dort die Müllentsorgung.“
„Nichts anderes habe ich hier eigentlich auch gedacht“, gab Abigail zurück.
„In Elysium zumindest immer Platz ist für paar Leichen in Containern“, stellte Yuri fest und spielte damit nicht nur auf die toten Crawler, sondern auch auf seine eigene Entsorgungsaktion in Elysiums Nordviertel vor ein paar Monaten an. „Und jetzt?“
„Aus dieser großen Halle führen noch zwei andere Gänge, dafür müssten wir aber mitten durch die ganzen Männer marschieren. Das überleben wir nicht. Lasst uns zurückgehen“, schlug Harry vor. „Wir haben hier zwar einen Riesenskandal beobachtet aber ich bin mir nicht sicher, ob wir mit unserem eigentlichen Auftrag in der Crawlersache wirklich weitergekommen sind.“ Die anderen stimmten ihm zu. Recht viel mehr konnten sie hier nicht mehr ausrichten und so machten sie sich möglichst leise auf den Rückweg. Der Gang war nun glücklicherweise leer. Von dem Crawler, der zuvor von dem Motorenlärm vertrieben worden war, war nichts mehr zu sehen. Ungehindert konnten sie wieder zurück zur Weggabelung gelangen, die in die unbeleuchtete und natürlich entstandene Höhle abzweigte.
„Warten mal Leute“, brachte Yuri die anderen zum Stehen. „Wenn wir schon mal sind hier…“
„Nein“, sagte Abigail ohne seine weiteren Ausführungen abzuwarten und versuchte damit, ihre Unsicherheit zu überspielen.
„Er hat recht“, sagte Harry. „Wir sollten uns den unbeleuchteten Gang auch anschauen, wenn wir schon mal hier sind.“ Sie kräuselte die Lippen vor Unbehagen. Der Crawler vorhin war wahrscheinlich genau in diesen Gang verschwunden und sie würden ihm auf diese Weise direkt hinterher laufen. Höchstwahrscheinlich schnurstracks in das nächste Rudel.
„Ich weiß was du denkst“, sprach Yuri sanft zu der Computerspezialistin. „Kann dir passieren nichts, wir sind bei dir.“
„Du gehst vor“, seufzte sie und winkte ab. Sie wusste, dass die anderen recht hatten. Womöglich übersahen sie sonst wichtige Hinweise, die ihnen bei der Lösung des Falls helfen konnten. Andere Anhaltspunkte hatten sie ohnehin nicht. Schön langsam war sie sich nicht mehr sicher, ob das hier alles wirklich mit einer Luxusvilla im besten Stadtviertel aufzuwiegen war. Dann kam Abigail das kleine Luftschloss wieder in den Sinn, in dem sie in einem hübschen Cocktailkleid bei Nacht über die Strandpromenade flanieren würde. Die bunten Lichter, die Musik, das Rauschen des Meeres im Hintergrund, eine laue Brise im Haar… Vielleicht würde Viktor eines Tages wieder nach Elysium kommen und sie dort finden… Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie daran dachte. Was für eine wunderschöne Vorstellung.
„Ich gehen immer vor, das ist mein Job“, erklärte Yuri mit lauter Stimme. „Hey Babyeule, träumst du oder wie? Mir jetzt nachgehen in gefährliche Gruselhöhle…!“ Dann drehte er sich um, schaltete seine Taschenlampe an und stapfte voran. „Habe mächtig Kohldampf, fresse nächste Crawler den wir treffen roh.“
„Wo bin ich hier nur hineingeraten?“, seufzte Abigail und folgte dem Hünen. Hatte er nicht eben noch versucht, beruhigend auf sie einzuwirken? Es hätte fast funktioniert. Fast.
„Immer noch besser als ein langweiliger Bürojob“, kommentierte Harry von hinten, der nun in der Linken das Strahlenmessgerät und sein gezogenes Schwert in der Rechten trug. Abigail überlegte einen Moment. Wie weit lag doch ihr altes Leben mittlerweile hinter ihr.
„Auch wieder wahr…“, antwortete sie schließlich und schmunzelte. Dieser Tunnel zog sich eine ganze Zeit und verlief leicht abschüssig, führte sie tiefer und tiefer in die Erde. Der Boden machte den Eindruck, als wäre dieser Weg in der Vergangenheit schon von einigen Leuten gegangen worden. Längere, von der Decke hängende Stalaktiten, waren im Mittelbereich abgeschlagen worden. Deren Teile lagen oftmals noch an den Wänden entlang verstreut. Wer immer hier durchgekommen war, hatte sich offensichtlich nicht dauernd bücken oder ausweichen wollen. Schweigsam gingen die TRAP-Agenten nebeneinander her, lauschten dem leicht widerhallenden Geräusch ihrer Schritte und beobachteten ihre Umgebung, soweit ihnen dies in der Dunkelheit möglich war. Müdigkeit, Durst und Hunger wurden allerdings langsam zu einem echten Problem. In den Schutzanzügen hatten sie alle drei über die Zeit hinweg viel geschwitzt und dementsprechend Flüssigkeit verloren. Harry merkte obendrein, dass die Wirkung der Schmerzmittel allmählich nachließ, sagte aber deswegen nichts. Seine Zunge klebte ihm trocken am Gaumen, die Luft im Anzug war verbraucht und stickig. Nach etwa einer Dreiviertelstunde Abstieg hielt Abigail schließlich inne.
„Es ist genug Jungs, lasst uns umkehren“, sagte sie resignierend. „Wir sind alle durch. Wenn wir nochmal auf diese Viecher treffen, haben wir nicht mal mehr genug Kraft um uns zu wehren.“ Yuri, der schon wieder ein paar Schritte weiter vorgegangen war, schüttelte den Kopf. Er zeigte in die Richtung des Lichtstrahls seiner Taschenlampe und atmete tief durch.
„Da vorne“, stellte er ruhig fest. Die anderen kamen näher und sahen, was er entdeckt hatte.
„Das sind… Treppenstufen?“, bemerkte Harry leicht ungläubig. Er hatte irgendwie nicht mehr damit gerechnet, hier unten nach dem langen Weg durch den natürlich Tunnel auf ein von Menschen bearbeitetes Gebiet zu treffen. Abigail schnaufte. Trotz ihrer Erschöpfung war ihre Neugierde wieder geweckt worden.
„Okay, das müssen wir uns noch schnell anschauen“, murmelte sie, ging zu Yuri und schob ihn vor sich her in Richtung der Treppe. „Du zuerst, Großer“, wies sie an. Yuri grinste nur, ließ sich kurz schieben und nahm dann den Schritt wieder auf. Auch Harry atmete tief durch und mobilisierte nochmal seine letzten Kräfte, folgte den beiden.
Die Treppe verlief sehr steil in einer weiten Linkskurve nach unten und war breit genug, dass zwei Leute problemlos nebeneinander gehen konnten. Allerdings waren die Stufen auch etwas feucht und rutschig, sodass sie beim weiteren Abstieg sehr auf ihre Schritte achten mussten. Nach wenigen Minuten erreichten sie am Treppenende einen aus kunstvoll bearbeiteten Steinen bestehenden Torbogen, der die Sicht auf ein geradezu riesiges Areal freigab. Die drei Kameraden blieben schlagartig wie angewurzelt stehen als sie sahen, was sich vor ihnen so tief hier unter der Erde erstreckte. Niemand hätte mit diesem Anblick rechnen können. Niemand hätte sie auf diesen Fund vorbereiten können. Was sie hier sahen, würde alles verändern.
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