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Elysium Roman 6 – Kapitel 7: Die Ernte des Donners


Während der ganzen Nacht hatte das Unwetter nicht aufgehört. Zuerst waren die TRAP-Agenten noch davon ausgegangen, dass sie ihren Weg nach dem Essen würden fortsetzen können. Diese Hoffnung hatte sich allerdings zerschlagen und sie waren gezwungen gewesen die Nacht in dem Gasthaus zu verbringen, das glücklicherweise über eine Kammer direkt unter dem Dach verfügte, in der sie hatten unterkommen können. Schlaf hatten sie bei dem Getöse von Wind und Donner jedoch kaum finden können. Harry war der erste der am Morgen wach wurde, als ihm ein paar dicke Wassertropfen ins Gesicht fielen. Das Dach hatte der Belastung durch den Sturm Tribut zollen müssen und war an ein paar Stellen undicht geworden, eine davon befand sich direkt über ihm. Durch die Löcher schien das Licht des anbrechenden Tages und machte den herumfliegenden Staub gut sichtbar. Immerhin hatte Abigail gestern durch die Dunkelheit nicht mehr mitbekommen, wie schmutzig es hier oben war. Müde erhob er sich von einem Deckenbündel, das die Gruppe freundlicherweise vom Wirt bekommen hatte um nicht auf dem blanken Boden schlafen zu müssen. Dann weckte er die anderen, die nach einer kurzen Orientierungsphase schnell auf den Beinen waren.
„Und jetzt?“, fragte Abigail schließlich in die Runde. Sie sehnte sich geradezu nach einer Dusche und frischer Kleidung, wenngleich sie wusste, dass dies alles hier nur eine vorgespielte Realität war. „Wir sind noch keinen Schritt weiter gekommen und die Zeit läuft uns langsam davon. Der Sturm hat uns mindestens einen halben Tag gekostet.“
„Jetzt wir gehen zuerst ein Stockwerk tiefer und dann klettern wir aus Fenster um nicht Haus verlassen zu müssen über Erdgeschoss an Tresen vorbei“, erklärte Yuri ruhig und schulterte seine schwere Axt.
„W-warum das denn?“, fragte ihn Abigail entgeistert und auch Harry merkte erstaunt auf.
„Das ist doch ganz einfach: damit wir nicht bezahlen müssen Rechnung von Essen und Unterkunft. Keiner von uns besitzt Geld, schon vergessen? Unten am Tresen wartet Wirt sicher auf uns“, gab Yuri völlig entspannt zurück und zuckte nur mit den Schultern.
„Wie bitte! Aber du hast doch gestern gesagt, dass in diesen Fantasy-Welten die Helden niemals ihr Essen bezahlen?!“, zischte die Programmiererin zurück.
„Ich mich haben getäuscht. Wirt hat mir gestern noch gesagt bevor wir gegangen sind hier hoch in Kammer, dass er will haben zwölf Silbermünzen für alles und ich habe ihn auf heute vertröstet. Habe gesagt wir zahlen direkt nach Frühstück, alles ganz locker. Schade ist nur, dass wir das verpassen. Heute gegeben hätte Honigkuchen…“, führte Yuri aus und machte sich so leise es ihm bei seinem Gewicht möglich war auf in Richtung Treppe. Er hoffte, dass die alten Holzdielen nicht all zu sehr knarzen würden.
„Das ist doch jetzt nicht sein Ernst? Harry, sag was!“, orderte Abigail kopfschüttelnd gen Harry, als würde sie erwarten, dass er die Situation auf irgendeine Weise entschärfte. Der machte jedoch eine wegwerfende Handbewegung und folgte dann Yuri auf leisen Sohlen.
„Beim Schleichen immer schön in die Knie gehen und die Schritte abfedern, dann bist du leiser. Und pass auf, dass sich dein Riesenhemd nicht an den Fensterläden verfängt wenn wir hinausklettern“, erwiderte er nur, als er an ihr vorbeiging und ihr zuzwinkerte. Sie wollte bereits etwas entgegnen, ließ es aber dann doch sein und schlurfte zornig hinterher.

Ungefähr zehn Minuten später waren sie weit genug vom Gasthaus entfernt um einigermaßen sicher zu sein, nicht mehr vom Wirt oder seinen Angestellten entdeckt werden zu können. In den Straßen und Gassen standen große Pfützen und fast überall lagen Dachziegel und andere Gegenstände verstreut, die der Sturm in der Nacht mit sich getragen hatte. Viele Dorfbewohner waren mit Aufräumarbeiten beschäftigt und die erneut aufkommende Hitze sorgte für ein dampfiges Klima. Die TRAP-Agenten sahen sich um und erreichten schließlich den Rand der Siedlung, der an den riesigen Wald grenzte. Ein größerer Auflauf an Leuten dort weckte ihr Interesse. Anhand der Gespräche rings umher bekamen sie mit, dass eine Gruppe von Leuten gerade aus dem Wald zurückkehrte. Sie hatten einen Leiterwagen bei sich und darauf alle möglichen Sachen gestapelt, die sie nun unter den Dorfbewohnern verteilten.
„Was ist das hier?“, fragte Harry eine äußerst gut gelaunte Dame, die gerade im Begriff war, mit einer kunstvoll verzierten Vase in den Händen zu gehen.
„Rurrik und seine Brüder haben den Einsiedler im Wald geplündert. Dessen Hütte hat dem Sturm nicht standgehalten und ist wohl von einem der ersten Blitzeinschläge halb abgebrannt, bevor der Regen eingesetzt hat“, erklärte sie und wirkte dabei nicht sonderlich betroffen über dessen Schicksal. Anscheinend war dieser Einsiedler nicht gerade beliebt, wenn sein Besitz gleich nach so einem Unglück zur Plünderung freigegeben war. „Immerhin hat diese schöne Vase hier nichts abbekommen. Wenn ich sie ordentlich geputzt habe, wird sie einen guten Platz in meiner Wohnstube bekommen. Schaut doch selbst mal nach, vielleicht fällt für euch auch etwas brauchbares ab?“, ermutigte sie Harry, sich auch ein Stück von der Beute zu nehmen. Dann verließ sie die Gruppe.
„Hier in Dorf raue Sitten“, nickte Yuri und fuhr sich überlegend durch den Bart.
„Na dann passen wir Zechpreller doch super dazu“, murmelte Abigail und versuchte einen besseren Blick auf den Leiterwagen zu erhaschen, was ihr aber bei dem dichten Gedränge und mit ihrer geringen Körpergröße nicht möglich war. Yuri und Harry nickten sich zu, drückten sich in die Menge und schufen ihrer Kameradin den nötigen Platz, damit diese sich den Brüdern und ihrer Beute nähern konnte.
„Seid gegrüßt, schöne Maid!“, wurde Abigail von einem von ihnen begrüßt, der sie gewinnend anlächelte.
„Hallo, ich habe gehört hier gibt es was umsonst?“, gab sie unschuldig zurück und besah sich den Rest der Gegenstände. Die besten Stücke waren anscheinend schon verteilt, der Rest wirkte wie übrig gebliebener Krimskrams von einem Garagenflohmarkt in der Nordstadt. Der Mann musterte sie durchaus interessiert, hob dann einen Schemel und ein Webbrett zur Seite und zog einen runden Spiegel aus dem Haufen hervor.
„Das könnte etwas für Euch sein. Er sieht zwar etwas gewöhnungsbedürftig aus, aber eine Dame kann doch sicher einen Spiegel gebrauchen?“ Mit diesen Worten übergab er ihn an Abigail. Das Stück hatte einen Durchmesser von etwa 60 Zentimetern und als sie die Hände nach ihm ausstreckte wusste sie sofort, was der Mann meinte. Der Rahmen war aus schwarzem Metall geschmiedet das lauter kleine Schlangen darstellte, die ineinander geflochten einen Ring ergaben. Die Köpfe der Schlangen schienen den Betrachter des Spiegels anzustarren, was dem Gegenstand eine beklemmende, geradezu unheimliche Aura verlieh. Als sie den Rahmen ergriff merkte sie, dass er kalt war. Ein Schauer lief über ihre Arme und sie bekam eine Gänsehaut, hatte das Gefühl ihre Hände würden langsam einfrieren. Allerdings versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen.
„Oh, äh, danke schön, das ist sehr freundlich. Den werde ich gleich zuhause aufhängen“, sagte sie zu dem Mann, grinste leicht schief, machte einen Knicks und ging zu den beiden anderen zurück.
„Bitte nimmt mir einer sofort dieses Ding ab“, flüsterte sie, als sie sich zusammen dann von dem Menschenauflauf entfernt hatten. Harry nahm ihr den Spiegel ab und betrachtete ihn.
„Macht einen recht morbiden Eindruck, das Teil“, stellte er fest und drehte ihn in den Händen, damit Yuri ihn auch ansehen konnte. Die Oberfläche war geradezu makellos und schimmerte leicht silbern.
„Er ist eiskalt! Wie kannst du ihn so einfach halten?“, meinte sie entgeistert und rieb sich die Hände an den Oberschenkeln, um sie wieder warm zu bekommen.
„Kalt? Also mir fällt nichts auf, der ist eher leicht warm“, antwortete Harry und befühlte den Rahmen an verschiedenen Stellen, um die Aussage seiner Kollegin nachvollziehen zu können. Auch Yuri berührte ihn nun.
„Er hat recht, der Spiegel ist warm“, bestätigte er dann.
„Das kann doch nicht sein?“, meinte Abigail, kam näher und berührte den Rahmen diesmal nur mit zwei Fingern. Es war wie zuvor, nur noch viel beängstigender. Eisige Kälte schoss in ihre Hand, durch ihren Arm, ihre Schulter, hinauf in ihren Kopf. Für eine Sekunde verschwamm der Anblick des Spiegels vor ihren Augen, verlor seine Oberfläche, zeigte ihn als bloßen dreidimensionalen Gegenstand ohne Farben und Struktur in Harrys Händen.
„Was hast du?“, hörte sie ihn fragen und schreckte zurück, nahm die Finger wieder von dem Rahmen.
„Mit dem Ding stimmt irgendwas nicht“, bekräftigte sie. „Wenn ich ihn berühre, bekomme ich jetzt sogar einen Darstellungsfehler hier in der Simulation.“
„Und was machen wir jetzt damit?“, überlegte Yuri. Harry musterte ihn noch einmal genauer.
„Ich glaube… ich glaube ich weiß jetzt warum du keine Waffe bekommen hast, als wir in diese Welt gefallen sind“, sagte er schließlich zu Abigail.
„Wie kommst du denn jetzt darauf?“, sah sie ihn fragend an.
„Bei dieser TV-Serie sind die Hauptpersonen entweder Krieger oder Magier. Das ist bei den Actionfiguren von Ulthrard die Yanny sammelt genauso, scheint auch zur Vermarktungsstrategie zu gehören. Mir ist das nur im Zusammenhang mit unserem Eintritt in diese Welt nicht eingefallen. Du bist die Einzige, die bei diesem Spiegel etwas Außergewöhnliches wahrnehmen kann. Du musst also hier in dieser Simulation eine Magierin sein, deswegen hast du auch keine Waffe bekommen“, erklärte Harry.
„Ich soll eine Magierin sein?“ Abigail besah sich ungläubig ihre Hände. „Aber ich kann doch überhaupt nichts besonderes bewirken?“
„Wahrscheinlich doch, du musst nur herausfinden wie“, meinte Harry.
„Ähm… okay, aber wie hilft uns das jetzt im Augenblick weiter?“
„Dieser Spiegel ist der erste richtig auffällige Gegenstand, den wir finden. Außerdem gibt es einen Zusammenhang mit dem Sturm gestern Nacht, sonst wäre er nicht in unseren Besitz gekommen. Ich schlage deshalb vor…“, führte Harry aus.
„… dass wir untersuchen Reste von Hütte wo gelebt hat Einsiedler“, vervollständigte Yuri den Satz und verschränkte die Arme.
„Gut, das klingt nach einem Plan“, nickte Abigail. Bevor sich die drei auf den Weg in den Wald machten, erkundigten sie sich noch kurz bei zwei vorbeigehenden Männern nach der ungefähren Richtung zum Domizil des Einsiedlers, das laut deren Aussage direkt an einem gut sichtbaren Weg nicht allzu weit entfernt von ihrem jetzigen Standort lag. Harry trug den Spiegel mangels Tasche einfach unter dem Arm. Schnell hatten sie den empfohlenen Weg gefunden und folgten ihm in den dichten Wald. Immerhin war es im Schatten der Bäume deutlich kühler als im Dorf und sie kamen so recht gut voran. Dennoch sah sich Abigail immer wieder besorgt um.
„Das kommt mir alles so bekannt vor“, sagte sie schließlich zu den anderen. „In der Simulation in der Yanny sich befunden hat, als sie auf den anderen Cyborg traf, war sie ebenfalls in einem Wald. Der sieht dem hier von der Struktur, den Baumsorten und den herumliegenden Findlingen schon sehr ähnlich.“
„An was kannst du dich denn noch erinnern? Irgendwelche brauchbaren Details?“, fragte Harry nach.
„Naja, sie ist durch ihre Beschaffenheit in solch einer Welt natürlich wie ein Fisch im Wasser. Oder sollte ich besser sagen, fast gottähnlich? Immerhin hat sie es geschafft, die Umgebung nach ihrem bloßen Willen zu verändern“, führte Abigail aus und zog sich gedankenverloren am Ohrläppchen. Der Straßensamurai merkte auf.
„Gut, sie ist wenn man so möchte selbst ein Computer. Aber weißt du >wie< genau sie das getan hat?“, hakte er nach.
„Nun ja, sie war auf die gleiche Weise verbunden wie wir jetzt gerade, hat eine Sicherheitslücke ausgenutzt und dann ihre eigenen Programmzeilen im bestehenden Code ergänzt“, überlegte Abigail weiter. „All das in einer rasenden Geschwindigkeit.“ Harry nickte.
„Dann versuch doch einfach mal, ob du das auch kannst. Du hast Ahnung vom Programmieren und kannst dich in andere Systeme hacken“, meinte er. Daraufhin kniff sie ein Auge zusammen und schürzte die Lippen.
„Und wie soll ich das deiner Meinung nach ohne Eingabegeräte anstellen?“ Dann streckte sie ihre leeren Hände vor, um ihr Argument zu untermauern. Harry schüttelte jedoch nur den Kopf und lächelte.
„Du hast doch einen Computer bei dir, wenn auch im übertragenen Sinne. Wir sind alle mit ihm verbunden, hängen bereits am Interface. Es muss doch eine Möglichkeit geben, sich das zunutze zu machen?“ Abigail machte einen schwer zu deutenden Gesichtsausdruck und dachte über seine Worte nach.
„Und… und wie? Wie soll ich ihn steuern? Ich sehe doch nichts? Keine Tastatur, keinen Bildschirm, nichts. Ich bin ein Mensch, ich brauche leider solche Hilfsmittel.“
„Versuche ihn nur mit deinen Gedanken zu steuern“, überlegte Harry, der sich mittlerweile sicher war, dass diese Idee einfach funktionieren musste. Wenn sie es schaffen würde, wie Yanny die Umwelt mit ihren Gedanken zu verändern, war das in dieser Simulation nichts anderes als die Magie, die auch in der TV-Serie allgegenwärtig war.
„Okay… ich werde es versuchen“, antwortete Abigail und war schon dabei stehen zu bleiben und die Augen zu schließen, als sie Yuris Stimme hörte.
„Wir sind da“, bemerkte er, als er die weitestgehend verbrannten Überreste der Hütte des Einsiedlers zwischen den Bäumen entdeckt hatte. Die Schilderungen der Dorfbewohner trafen genau zu. Die Hütte, deren Holz uralt und trocken gewesen sein musste, war ziemlich genau zur Hälfte abgebrannt und dann durch den Regen gelöscht worden. Zwei der vier Wände und große Teile vom Dach fehlten, auch der Boden war verkohlt. Man sah deutlich, wo die Plünderer überall schon am Werk gewesen waren. Und sie waren gründlich vorgegangen. Die TRAP-Agenten konnten nichts interessantes mehr finden. Erst als sie ihre Kreise weiter um das Haus zogen, machte Harry eine grausige Entdeckung.
„Seht euch mal das hier an“, rief er die anderen zu sich und deutete auf die halbverkohlte Leiche eines Mannes, der in unnatürlicher Haltung auf dem Waldboden lag. Sein linker Arm war mit geöffneter Hand nach vorne gestreckt und auch der Kopf war dieser Richtung zugewandt. Es schien so, als hätte er während seiner Flucht vor dem Feuer etwas greifen oder auf irgend etwas deuten wollen. Als die beiden anderen Harry erreicht hatten, wandte sich Abigail ab, weil sie den Anblick kaum ertragen konnte und sich ihr fast der Magen umdrehte.
„Ob das der Einsiedler war?“, überlegte Yuri laut, beugte sich hinunter zu der Leiche und untersuchte sie genauer.
„Mit ziemlicher Sicherheit. Wenn der Einsiedler noch leben würde, hätte er wahrscheinlich die Plünderer verscheucht und würde selbst gerade seine Habseligkeiten aus der Ascheruine bergen“, nickte Harry. Als Yuri die Leiche schließlich umdrehte, fiel ihm ein silberner Anhänger in Form eines Halbmonds auf, den der Mann an einer dünnen Kette um den Hals trug. Er öffnete vorsichtig den Verschluss der Kette und zeigte den Fund seinem Kameraden.
„Den Anhänger haben die Dorfbewohner wohl übersehen“, brummte er zufrieden.
„Hast du was bei dem Toten gefunden?“, fragte Abigail, die ein paar Meter entfernt und mit dem Rücken zu den beiden anderen wartete. Mit langsamem und konzentriertem Atmen beruhigte sie sich und bekam ihre aufkommende Übelkeit in den Griff. Yuri ging zu ihr und reichte ihr den Anhänger, der sanft zu glitzern begann als sie ihn nahm und in der Hand hielt.
„Er ist wirklich wunderschön…“, sagte sie und betrachtete ihn eingehend.
„Häng’ ihn doch mal um“, meinte Yuri nur. „Der Einsiedler wird nicht mehr brauchen und dir steht er viel besser als verkohlter Leiche.“ Abigail verzog auf dieses sonderbare Kompliment hin das Gesicht, legte ihn sich aber dann doch um den Hals. Der Anhänger glitzerte immer noch und sah äußerst wertvoll aus. Harry war inzwischen einige Schritte in die Richtung gegangen, in die der sterbende Mann hatte flüchten wollen.
„Kommt mal rüber, ich habe hier noch etwas gefunden“, rief er die anderen erneut zu sich. Sein Gefühl hatte ihn nicht getrogen, der Einsiedler hatte anscheinend tatsächlich zu einer bestimmten Stelle fliehen wollen. Mitten im Wald stand eine geradezu groteske Metallkonstruktion, bestehend aus drei aufeinander zulaufenden Stäben voller Dornen, die einen Halbmond hielten, der nach oben hin geöffnet war. Dieser Halbmond hatte ebenfalls Dornen an sich, die auf den ersten Blick wie sehr spitze Kleiderhaken wirkten und viel größer waren als die Dornen an den Stäben. Die dreibeinige Konstruktion war insgesamt etwa anderthalb Meter groß.
„Das ist ja mal richtig hässlich“, bemerkte Abigail und umrundete das Gebilde. „Sieht aus wie ein Teil aus der modernen Kunstausstellung, die der Bürgermeister letztens im Zentrum eröffnet hat.“
„Das ist mit Sicherheit kein Kunstwerk, das Teil muss irgendeine Funktion haben. Umsonst steht das hier nicht so einfach im Wald“, gab Harry zurück. Als er den Spiegel, den er immer noch bei sich trug, dann von einer Hand in die andere wechseln wollte um seinem Arm eine Pause zu gönnen, kam ihm plötzlich eine Idee. Er nahm den Spiegel und steckte ihn auf die dornenartigen Haken des Halbmonds. Er passte perfekt darauf und wurde in leicht schräger Stellung gehalten. Sofort begann seine Oberfläche zu leuchten und ebenso zu schimmern wie das Amulett, das Abigail um den Hals trug. Nun kamen auch die anderen beiden näher, um sich die Sache aus der Nähe zu betrachten, als sie mit einem mal eine gurgelnde Stimme hinter sich hörten.
„Sehr gut, er ist wieder an seinem Platz.“ Noch während sie sich nach der Stimme umdrehten, sah Harry ein unbekanntes Projektil direkt auf seine Brust zurasen. Kalte Furcht ergriff ihn, doch er hatte keine Zeit mehr seine Freunde zu warnen.


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