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Elysium Roman 7 – Kapitel 8: Niedergang


Ein Streifschuss brannte über Yuris linken Oberarm hinweg, dann zerfetzte ihm eine weitere Kugel die Haut an der rechten Hüfte. Als er die Verwundungen spürte wusste er genau, dass er in diesem Moment mehr Glück als Verstand hatte. Dieses rasante Vorgehen konnte sie das Leben kosten, aber welche Wahl hatten sie denn noch? Sie mussten unter allen Umständen so schnell wie möglich die Steuerungszentrale erreichen. Je länger sie brauchen würden desto größer war die Chance, dass noch mehr von dem Personal der Basis hier auftauchte. Würden seine Kugeln dafür ausreichen? Er rollte über den Boden und schoss dreimal, traf einen der ihnen entgegenkommenden Marinesoldaten in die Brust, während ein Zweiter in einem Türstock auf der linken Gangseite Deckung suchte. Yuri feuerte weiter und traf ihn am Unterschenkel. Der Soldat schrie auf und brach nach vorne auf den Boden zusammen. Der Hüne rannte auf ihn zu und merkte dabei nicht, wie sein eigenes Blut bereits über den Taucheranzug lief. Abigail, die sich inzwischen wieder aufgerappelt hatte lief ihm hinterher, die Waffe nach unten gerichtet. Der Gang war einfach nicht breit genug. Sie hätte selbst keinesfalls das Feuer eröffnen können, ohne Yuri dabei in Gefahr zu bringen. Als der den verwundeten Soldaten erreicht hatte, schlug er ihn ohne lange zu überlegen bewusstlos und nahm ihm dessen Pistole ab. Im gleichen Moment öffnete sich eine automatische Doppelflügeltüre links von ihm, in deren Vorsprung der Soldat zuvor in Deckung gegangen war. Yuri riss nun beide Pistolen nach vorne und zielte in die Öffnung. Die Sicht auf drei Männer wurde frei, zwei davon in Uniform und bewaffnet.
„Hey, was ist hier los!“, rief der Erste von ihnen auf Russisch. Der TRAP-Agent zögerte nicht und eröffnete das Feuer. Donnernde Schüsse dröhnten aus seinen Pistolen, als er die vor ihm auftauchenden Männer geradezu durchsiebte. Der Hinterste von ihnen hatte bereits eine Maschinenpistole im Anschlag gehabt. Als ihn die todbringenden Schüsse trafen, krampfte sich seine Hand um die Waffe und den Abzug. Gurgelnd feuerte er das ganze Magazin während seines Sturzes nach hinten leer, die meisten der Projektile durchschlugen die Glasscheiben des neben ihm an der Wand stehenden Computerterminals. Blitze zuckten aus den dadurch beschädigten Platinen und durchtrennten Kabeln und das Deckenlicht begann zu flackern. Die automatische Tür hingegen war bereits wieder dabei sich zu schließen, blieb aber dann stecken und regte sich nicht mehr. Der Spalt war gerade noch breit genug, dass Yuri sich mit seinem massigen Körper hindurchzwängen konnte. Er blickte nach oben. Das Schild über der Türe trug die Bezeichnung >Kommandobrücke<. Er gab der nun wieder hinter ihm stehenden Abigail ein Handzeichen.
„Hier rein, hier wir richtig sind“, schnaufte er und presste sich schon durch den Spalt.
„Yuri, du blutest!“, rief ihm die Programmiererin zu, aber er nahm die Warnung nicht mehr wahr. Kaum hatte er sich auf die andere Seite gezwängt, durchzog ein weiterer, brennender Schmerz seinen linken Oberschenkel. Er sah an sich herunter. Der Griff eines Schraubenziehers ragte aus seinem Bein. Eine Frau in einer Mechanikerkleidung hatte noch hinter der Türe gelauert und Yuri aus Ermangelung einer Waffe einfach das nächste Werkzeug in den Körper gerammt, das sie griffbereit gehabt hatte. Der Hüne biss die Zähne aufeinander, legte beide Pistolen auf die Frau an und drückte die Abzüge durch. Dieser Bewegungsablauf war reiner Automatismus gewesen. Nichts geschah, beide Waffen klickten nur. Er hatte sämtliche Munition zuvor auf die Männer abgeschossen. Die Frau stand kalkweiß und mit aufgerissenen Augen vor ihm und zitterte vor Schock.
„Widerliche Mistschlampe!“, hörte er Abigail hinter sich schreien. Dann dröhnte ein Schuss und die Mechanikerin wurden von den Beinen gerissen. Abigail hatte ihr aus kurzer Distanz direkt in den Oberschenkel geschossen. Danach richtete sie sofort ihren silbernen Colt in den Raum. Er war groß und verfügte über eine Panoramascheibe aus gut einem Meter dicken Panzerglas. Die in der Außenwand eingearbeiteten Scheinwerfer leuchteten in die Dunkelheit der Tiefsee hinaus, was dem Ausblick eine geradezu gespenstische Atmosphäre verlieh. Drei andere Männer hatten an verschiedenen im Raum verteilten Schaltpulten gesessen und waren aufgrund des Tumults inzwischen von ihren Stühlen aufgesprungen. Ein höherer Offizier lief gerade aus einer anderen Türe auf die Kommandobrücke um dem Lärm auf den Grund zu gehen.
„Runter auf den Boden und Hände über den Kopf, sofort! Das ist meine einzige Warnung! Wer sich nicht ergibt wird umgehend erschossen!“, schrie Yuri auf Russisch, während er sich mit einem Ruck den Schraubenzieher aus dem Oberschenkel zog und dann wegwarf. Farbige Punkte zuckten vor seinen Augen und er konnte ein kehliges Stöhnen vor Schmerzen nicht unterdrücken. Er schaffte es kaum mehr sich zu konzentrieren. Als er in die Hocke ging um schnell eine der Pistolen der zuvor getöteten Soldaten aufzuheben, hätte er am liebsten laut aufgeschrien. Während die Männer an den Steuerpulten seiner Aufforderung nachgekommen waren, sich auf den Boden geworfen hatten und ihre Köpfe schützend mit den Händen bedeckten, ging der eben eingetroffene Offizier hingegen zum Angriff über. Er riss seine Pistole aus dem Holster. Abigail eröffnete unmittelbar das Feuer auf ihn und traf ihn ganze viermal, bis er endlich tot zusammensackte.
„Wenn die Beschreibung stimmt, müsste dort der Raum mit der Steuerungseinheit für Lazarus sein!“, rief Abigail Yuri zu, der humpelnd zu ihr schlurfte und deutete auf die Türe, aus der der Offizier eben gekommen war.
„Vorwärts“, keuchte Yuri nur und steuerte sofort in diese Richtung.
„Harry… beeil’ dich gefälligst… und wehe du lässt dich von dem Meteortrinker töten…“, knurrte Abigail mit einem Blick zurück in den Gang aus dem sie gekommen waren. Ihr Kamerad würde zu ihnen aufschließen, sie finden. Er musste einfach. Er musste! Die Blutspritzer und die Leichen waren schließlich nicht zu übersehen. In dem Moment vibrierte der kleine Bildschirm an ihrem Arm und meldete, dass Yanny weitgehend beschädigt worden war. Sie schluckte einen dicken Klos im Hals hinunter und lief dann ebenfalls nach vorne mit der Waffe im Anschlag, überholte den humpelnden Yuri.
„Vorsichtig!“, schrie ihr Yuri zu.
„Ach Scheiße, schnell!“, schrie sie nur zurück und stürmte wie von der Tarantel gestochen den nächsten Raum.

Harry griff mit einer schnellen Abfolge von Faustschlägen an, durchbrach ein ums andere mal die Deckung des Meteortrinkers. Hart trafen seine schlagringbewehrten Hände ins Ziel und hinterließen tiefrote Spuren auf dem Körper seines Gegners. Dann traf er mit einem Schwinger den Kiefer Tichons, in dessen Kopf es nur so knackte und knirschte. Unbeeindruckt setzte er jedoch zum Gegenangriff an und Harry duckte sich weg, wich aus. Als er schließlich keine andere Wahl mehr hatte und einen der Schläge des Russen blocken musste, blieb ihm fast die Luft weg. Diese Kraft war übermenschlich. Es fühlte sich an als versuchte er mit den Händen einen wildgewordenen Ochsen aufzuhalten. Tichon setzte einen frontalen Kick, dem Harry gerade noch ausweichen konnte. Er sprang seinerseits gegen die nahe Wand zu seiner Rechten, stieß sich mit dem Fuß davon ab und nutzte den Schwung, um seinem Gegner aus der Rotationsbewegung im Flug abermals einen Seitenschwinger ins Gesicht zu versetzen. Der Russe hatte nicht mit einem derartigen Angriff gerechnet. Sein Kiefer brach und Blut spritzte aus seinem Mund. Jeder normale Mensch wäre bewusstlos zusammengebrochen. Tichon aber schüttelte sich nur kurz und trieb Harry mit weiteren Schlägen vor sich her und damit langsam in die Raumecke. Der Straßensamurai versuchte wieder sich allen Schlägen zu entziehen und dann nach links zu entwischen. Er wusste, dass er keine Chance hatte sobald ihn sein Gegner zu fassen bekam. Allerdings hatte er nicht mit dem weiten Satz gerechnet den der Russe jetzt aus dem Stand machte und ihm direkt entgegen sprang. Tichons Faust flog heran und traf Harry am Körper, trieb ihm die Luft aus den Lungen. Ein rechter Haken kam sofort hinterher. Harry konnte gerade noch seinen Unterarm vor die immer noch angeschlagenen Rippen bringen, um sie vor einem erneuten Brechen zu schützen. Der Treffer riss ihn fast von den Beinen. Er taumelte orientierungslos, als ihn plötzlich ein weiterer frontaler Kick in die Brust traf und ihn nach hinten gegen die Wand schleuderte. Der dumpfe Aufprall ging ihm im wahrsten Sinne des Wortes durch Mark und Bein. Harry hustete Blut und versuchte verzweifelt Atem zu holen, hatte das Gefühl sein Herzschlag hatte für einen Moment komplett ausgesetzt. Mit einem knackenden Geräusch drückte Tichon in der Zwischenzeit seinen Kiefer wieder in die richtige Position und marschierte dann sogleich auf Harry zu, der verzweifelt versuchte nicht das Gleichgewicht zu verlieren, sich dabei an der Wand abstützen musste. Der Russe holte aus und schlug zu. Harry drehte sich weg. Die Faust seines Gegners durchbrach die Wand und hinterließ ein Loch. Ein weiterer Schlag folgte und wieder wich Harry taumelnd aus. Tichon schlug ein zweites Loch in die Wand. Harry versuchte nach vorne und an seinem Gegner vorbeizulaufen, aber sein Kreislauf machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Er war zu langsam und unkoordiniert gewesen, der Meteortrinker bekam ihn am Gürtel zu fassen. Er riss Harry zu sich, als ob dieser kein Gewicht hätte und rammte ihn dann dreimal mit dem Rücken gegen die Wand. Dann nahm er Schwung und warf den Straßensamurai durch den halben Raum. Harrys Flug wurde von dem von der Decke hängenden Sandsack abgefangen und er stürzte neben dem Regal mit den Hantelscheiben auf den Boden. Der TRAP-Agent wusste, dass er schwer verletzt war auch wenn das Adrenalin die schlimmsten Schmerzen vorerst noch unterdrückte. Er versuchte nur irgendwie bei Bewusstsein zu bleiben, sich wieder aufzurappeln. Er durfte keinesfalls am Boden liegen bleiben. Verschwommen sah er, wie sich der Meteortrinker langsam näherte.

Tichon stapfte auf Harry zu. Er würde ihm ein Ende machen. Jetzt. Dieser Kampf dauerte ohnehin schon viel zu lange. Direkt neben sich sah er sie plötzlich wieder, diese mysteriöse Gestalt aus durchsichtigem blauen Licht. Sie begleitete ihn nun seit dem Tag, als er von den Ärzten zum ersten Mal die Injektion aus dem Kristall erhalten hatte. Der Kristall, der sich im Inneren eines Meteors befunden hatte, der in der Eiswüste des Norden mitten im Nirgendwo niedergegangen war. Er hatte den Ärzten natürlich von dieser Gestalt erzählt aber sie hatten ihm nicht geglaubt. Sie hatten gesagt es wäre nur eine Reaktion seines Unterbewusstseins, das ihm wirre Bilder vorgaukelte und dass sich alles wieder geben würde, wenn er sich folgsam an die ihm auferlegten medizinischen Maßnahmen halten würde. Aber das stimmte nicht, er hörte nicht auf sie zu sehen. Die Gestalt hatte in all der Zeit nie zu ihm gesprochen, schwebte oft stundenlang um ihn herum und beobachtete ihn. Wie ein Geist, eine Einbildung, ein Schemen aus einer anderen Welt. Manchmal machte sie ihn geradezu wahnsinnig aber er konnte sie nicht greifen, nicht wegschicken oder ihr drohen. Ihr Leuchten wurde jetzt etwas schwächer und auch das blaue Leuchten seiner Augen nahm ab. Er spürte, wie der Energieschub den ihm die Gestalt gegeben hatte mit einem Mal nachließ. Er kannte diesen Zustand bereits aus dem Training. Die übermenschliche Kraft, die ihm dieser Schemen in Phasen verlieh in denen sein Körper höchsten Anstrengungen unterlag, hielt immer nur für einige Minuten an. Die schnelle Heilung seines Körpers jedoch war nicht von diesen temporären Energieschüben abhängig, sie funktionierte immer. Er schüttelte die Hand aus, mit der er die beiden Löcher in die Wand geschlagen hatte. Es tat nichts mehr zur Sache, er brauchte in diesem Kampf keinen Energieschub mehr um dem unbekannten Japaner den Todesstoß zu versetzen. Der Typ war am Ende. Sollten die verdammten Ärzte später aus seinen Überresten herauslesen, wie dieser Agent es geschafft hatte in die Basis einzudringen und woher er kam.

Harry zog sich an dem Regal hoch. Wenn seine Zeit jetzt gekommen war, wollte er wenigstens im Stehen sterben. Tichon reagierte durchaus überrascht, als er sich erneut in Kampfstellung begab und die blutigen Fäuste hob. Dem Meteortrinker entging selbstverständlich nicht wie schwer es Harry fiel, sich auf den Beinen zu halten. Er schwankte sofort stark, als er die Hände vom Regal nahm. Der Russe nahm Maß und täuschte einen Schwinger mit seiner Rechten an, drehte sich aber dann blitzschnell und setzte einen hohen Kick von links aus der Drehbewegung gen Harrys Kopf. Dem TRAP-Agent war diese Technik allerdings nicht fremd, er wendete sie selbst bei Gelegenheit gerne an, konnte sie schon anhand der Schulterbewegungen seines Gegners erkennen. Harry duckte sich und blockte mit dem linken angewinkelten Unterarm das Bein seines Gegners, hielt es damit gleichzeitig hoch und schlug mit der letzten Kraft die er noch hatte aus kurzer Drehung einen rechten Haken, von unten mit der schlagringbewehrten Faust direkt in die Genitalien des Russen. Es war ein dumpfer Hieb aus dem Nichts und in dieser nachteiligen Position für den Meteortrinker nicht mehr zu kontern. Ein hoher, schriller Schrei entfuhr ihm, der in ein wimmerndes Kreischen überging. Tichon sackte auf den Boden und hielt sich beide Hände zwischen die Beine, sein Körper war zusammengekrümmt. Harry hingegen hustete nach dieser Aktion stark. Seit diesem letzten Angriff gab es keinen Zweifel mehr, die Schläge gegen die Wand zuvor hatten seine Wirbelsäule verletzt. Er merkte es nun deutlich, konnte aber nicht sagen was es genau war. Er spürte seine Beine noch aber seine Hände kribbelten, waren pelzig. Dann schüttelte er unmerklich den Kopf. Nicht aufgeben, es ist noch nicht vorbei. Abermals entwich ein schriller Schrei Tichon, der schlichtweg noch nicht fähig war wieder aufzustehen und weiterzukämpfen. Harry humpelte zu dem Regal, nahm zitternd eine Hantelscheibe mit 25 Kilogramm Gewicht heraus und schlurfte dann zu dem Meteortrinker.
„Schätze es ist besser wenn wir nicht herausfinden, wie lange deine Eier brauchen um wieder zusammenzuwachsen…“, sagte er ruhig und fixierte dann den Hals seines Gegners mit dem rechten Fuß, um mit der Scheibe von oben direkt auf dessen Kopf zielen zu können.


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