Skip to content

**** ****

Welcome to the Teletext-Internet

Elysium Roman 4 – Kapitel 5: Begegnung


Die TRAP-Agenten standen ein paar Minuten lang schweigsam nebeneinander in dem Torbogen und ließen die fast surreale Szenerie auf sich wirken. Es war Abigail, die als erste die Stille durchbrach.
„Könnte mich mal jemand zwicken? Das ist doch alles nicht echt? Oder träume ich das nur?“, fragte sie leise.
„Soll ich wirklich zwicken?“, gab Yuri zurück und zupfte die Handschuhe seines Schutzanzugs zurecht.
„Vielleicht besser doch nicht“, krächzte Abigail.
Von ihrem Standpunkt aus führte noch eine weitere Treppe nach unten. Sie befanden sich hier auf einer Art Plattform, von der aus sie einen guten Überblick hatten. Die Ausmaße des Hohlraums der sich vor ihnen erstreckte war jedoch derart gigantisch, dass sie sein Ende nicht ausmachen konnten. In ihm befanden sich Häuser in allen verschiedenen Größen und Ausführungen, es mochten tausende sein. Eine ganze Stadt, verbunden über unzählige gepflasterte Wege und Gassen, an denen in relativ regelmäßigen Abständen Laternen standen. Das milchige und pulsierende Licht dieser Laternen strahlte von kürbisgroßen Kugeln ab, von denen jedoch viele bereits zerstört waren. Sie schienen aus einer Art Gelee zu bestehen, das nahezu seine ganze Leuchtkraft verlor, wenn deren Außenhaut beschädigt war. Auch viele der Häuser, die in einer absolut fremdartigen Architektur gebaut waren, hatten große Zerstörungen davongetragen. Es musste auf jeden Fall mit Gewalteinwirkung geschehen sein und nicht durch natürlichen Verfall. Der Stil der wohl hauptsächlich aus Ton und Fels bestehenden Bauten, wirkte von hier oben in gewissem Sinne altertümlich, fast ein wenig primitiv. Allerdings waren sie auch – soweit man das mithilfe der noch vorhandenen Lichtquellen erkennen konnte – durchweg kunstvoll mit Mustern und Skulpturen verziert. Türen und Fensterscheiben existierten nirgendwo, jedes Haus war frei zugänglich. Sie konnten auch größere Plätze ausmachen, die offensichtlich dazu genutzt worden waren Handel zu treiben, wie man an den Überresten von Marktständen sehen konnte. Auch künstlich angelegte Felder gab es, auf denen immer noch größere Pilze und andere farnartige Pflanzen wuchsen. Dazwischen waren immer wieder kleine runde Teiche angelegt. Aber nichts regte sich in dieser Stadt, die offensichtlich Heimat für tausende gewesen war. Sie lag ausgestorben vor ihnen, tot. Ein stiller Friedhof, schweigendes Zeugnis einer unbekannten Kultur. Und doch schien es so, als wäre sie noch vor nicht all zu langer Zeit bewohnt gewesen. Zu gepflegt und sauber waren die Areale, die von der Zerstörung verschont geblieben waren.
„Schaut mal dort unten“, sagte Harry, der nun ein paar Schritte nach vorne gegangen war. Er zeigte die Treppe hinunter. Die anderen beiden kamen zu ihm und sahen, was ihnen von weiter hinten verborgen geblieben war. Der Bereich um die Treppe war geradezu ein Schlachtfeld. Unzählige Crawler lagen dort in verschiedenen Verwesungsstadien herum und auch viele tote Sicherheitskräfte, die man gut an ihren Schutzanzügen ausmachen konnte. Kaum einer von ihnen war jedoch in einem Stück gestorben, ihre Körper waren zerrissen und verstreut worden. Links und rechts von der Treppe lag jeweils ein Berg von Fässern mit radioaktivem Abfall. Die meisten der Behälter waren zerbrochen, aus vielen tropfte der Inhalt noch immer zu Boden. Anscheinend hatte man sich ab einer bestimmten Menge keine Mühe mehr gemacht, diese nach unten zu befördern und aufzustapeln. Irgendwann waren sie nur noch hier von der Plattform nach unten gerollt worden. Die giftige Flüssigkeit musste aus den berstenden Fässern weit umher gespritzt sein, hatte diesen Eingangsbereich weiträumig verstrahlt. Als Yuri den Lichtkegel seiner Taschenlampe nach unten richtete und langsam über die verwesenden Körper fahren ließ, schloss Abigail für einen Moment die Augen.
„Wir sind in der Hölle angekommen, oder?“, flüsterte sie. Harry atmete tief durch. Der Anblick war zweifellos nur schwer zu ertragen.
„Ja“, antwortete er schließlich knapp. Er war nicht religiös, aber hätte man ihn nach seinen Vorstellungen über einen jenseitigen Ort von Grauen und Vernichtung gefragt, er hätte wahrscheinlich etwas wie das hier beschrieben.
„Vielleicht mussten wir Hölle erreichen um Auftrag zu lösen…“, brummte Yuri und begann langsam, die Stufen nach unten zu gehen. „Jetzt ich weiß, was die Typen gemeint haben mit >alte Lager<. Haben wohl zuerst Fässer hier abgeladen. Dann aber Verluste zu groß weil zu viele Crawler.“ Abigail und Harry folgten ihm, machten sich ebenfalls an den Abstieg. Harry verzichtete auf einen erneuten Blick auf das Strahlenmessgerät. Er wollte es schlichtweg nicht mehr wissen. Vielleicht war es auch besser wenn er nicht wusste, wie sehr die Umgebung an dieser Stelle belastet war. „Die Sache läuft hier schon eine ganze Weile, wenn man sich diese Fässerberge anschaut“, vermutete Abigail. „War wahrscheinlich eine Kostenfrage. Die haben den ganzen Dreck erst hierher gebracht, um sich das Geld für die Grabung eigener Lagerhallen zu sparen. Als es dann zu viel Tote gab, mussten sie doch neue Bereiche anlegen. Direkt im U-Bahn-Netz wären die Fässer wahrscheinlich irgendwann einmal aufgefallen und ich zweifle keine Sekunde daran, dass auch diese Überlegung im Raum gestanden hat, wenn man sich die Scheiße hier ansieht.“ „Auf jeden Fall müssen sie die ersten gewesen sein, die diese Stadt entdeckt haben“, meinte Harry. „So ein Fund hätte sich zweifellos auf ganz 86 herumgesprochen und sämtliche Zeitungen und TV-Sender von hier bis Utopia auf den Plan gerufen.“ „Ja, das ist komplett verrückt“, nickte Abigail. „Das alles hier hat mit Sicherheit schon vor der Besiedlungszeit existiert. Ich glaube nicht, dass man eine Stadt unter einer Stadt bauen kann, ohne dass es auffällt? Oder?“ „Wenn so ist und man hätte U-Bahn damals dreißig Meter tiefer angelegt, hätten diese Stadt hier schnell gefunden“, murmelte Yuri. Abigail blieb stehen, kurz bevor sie das Ende der Treppe erreicht hatten. „Leute…“, sagte sie mit leicht zitternder Stimme. „Mal angenommen diese Stadt hier ist älter als Elysium… das würde bedeuten…“ „… dass wir nicht die ersten auf 86 waren?“, vollendete Harry ihren Satz. „Also ich weiß nicht all zu viel über Geschichte, aber ist das nicht sehr unwahrscheinlich? Auf den Siedlerschiffen gab es doch sicher alle möglichen Scanner, die jeden Planeten vor dem Anflug erst einmal abgetastet haben? Und dabei soll nichts aufgefallen sein?“ „Wie weit gehen Scanner unter die Erde?“, warf Yuri ein. Harry überlegte und nickte dann. „Punkt für dich“, erwiderte er. „Aber warum siedelt man sich gerade unter der Erde an? Würdet ihr die ganze Zeit nur von Pilzen und Moosen leben wollen?“ Yuri und Abigail nahmen nun wieder ihre Schusswaffen in den Anschlag und behielten die Umgebung genau im Auge. Gemeinsam überquerten sie den Platz mit den zahllosen Körpern, bahnten sich ihren Weg ohne auf sie zu treten und gingen auf die ersten Häuser zu. „Gute Frage das ist“, sprach Yuri. „Ist vielleicht wie Bunker in meiner Heimat? Vielleicht wollten hier unten sicher sein?“ „Hat definitiv nicht geklappt…“, murmelte Abigail bedrückt. Aus der Nähe konnten sie deutlich sehen, dass die meisten Häuser hier von Einschusslöchern und Blutspritzern bedeckt waren. Die Einrichtungsgegenstände, die zumeist ebenfalls aus Ton bestanden, waren größtenteils zerschlagen. Sie fanden jedoch auch Gegenstände, die ganz eindeutig von der Oberwelt stammten. Vasen, Besteck, vergilbte Bücher, Zeitschriften und viele andere Dinge, die demontiert und anderen Verwendungen zugeführt worden waren. Plastikeimer zum Beispiel, die kunstvoll bemalt als große Blumentöpfe für verschiedene Kräuter verwendet wurden. Bearbeitete Metallstreben aus der Kanalisation, die in Feuerstellen eingebaut waren. Ein vollständig ausgehöhlter Fernseher, der zur Aufbewahrung von Kartoffeln benutzt worden war und viele andere Dinge. Immer jedoch waren die Gegenstände mit großem handwerklichen Geschick verändert und verziert. Fast so, als wollte man sie damit nicht nur auf eine bloße Funktion reduzieren, sondern auch kulturell in Besitz nehmen. „Typen war nicht nur zum Dreckabladen da, haben auch geplündert“, erklärte Yuri, als er aus einer der Ruinen wieder zu den anderen trat. „Erinnere mich, hat auch gesprochen von Goldmünzen und anderen Sachen von Wert, die sie hier gefunden haben. Hat gesagt, dass sie noch nicht haben alle Häuser durch, aber zu gefährlich um nochmal herzukommen.“ „Zu gefährlich…“, wiederholte Harry und ging auf das nächste Haus zu. Er hatte etwas Helles zwischen einigen Trümmern entdeckt und wollte es sich genauer ansehen. Er ging in die Hocke, griff danach, zog es unter einem Haufen staubiger Tonziegel heraus. Es war eine hübsche blonde Puppe mit zwei geflochtenen Zöpfen und einem blauen Kleid. Sie war relativ unbeschädigt, nur etwas verdreckt. „Zu gefährlich…“, sagte er erneut und überlegte, während er die Puppe etwas schüttelte um sie vom Staub zu befreien und das Kleidchen zurechtrückte. Auf ihrer rechten Gesichtshälfte waren mit feinen Pinselstrichen drei Schriftzeichen aufgemalt. Es waren Schriftzeichen, die denen der Crawlertätowierungen sehr ähnlich sahen. „Hast du was gefunden?“, fragte Abigail und kam näher. Harry reichte ihr wortlos die Puppe, tippte auf die Schrift auf dem Gesicht. Sie nahm diese an sich, betrachtete sie eingehend und verstand sofort, was sein Interesse daran geweckt hatte. „Was bedeutet das alles hier…?“, fragte Harry nachdenklich. „In gewisser Weise scheint alles mit allem zusammen zu hängen“, antwortete Abigail und entschied sich aus dem Bauch heraus, die Puppe mitzunehmen. Sie verstaute sie in einer der Beintaschen des Schutzanzugs, der Kopf ragte dabei heraus. „Umkehren oder weitergehen?“, fragte Yuri, der wieder zu ihnen aufgeschlossen hatte. Die drei sahen sich kurz gegenseitig an und überlegten. Sie waren mit den Kräften ziemlich am Ende und natürlich wären sie am liebsten gleich umgekehrt. Der Weg bis zur Oberfläche war weit und zweifellos nicht ungefährlich. Wenn sie zurück bei Anton waren, würden sie sich wenigstens noch an ein paar zurückgelassenen Vorräten bedienen können, um ihren Durst zu stillen. Außerdem waren noch einige Dosen mit Hundefutter für den schlimmsten Hunger übrig. Dennoch schüttelte Abigail langsam den Kopf. „Lasst uns noch ein paar Minuten umschauen“, sprach sie schließlich. „Vielleicht finden wir noch irgendetwas, das uns weiterhilft. Keine Ahnung, ich…“ In dem Moment wurde sie von einem Geräusch unterbrochen. Yuri fuhr blitzschnell herum und leuchtete mit der Taschenlampe nach vorne. Zwischen zwei Häusern war in einigen Metern Entfernung eine Bewegung zu sehen gewesen. Harry zog augenblicklich sein Schwert. „Crawler?“, fragte er. „Hmm…“, brummte Yuri. „Nein, glaube nicht“, antwortete er dann und begann in die Richtung zu laufen. Die anderen folgten ihm. Der Hüne legte trotz aller Erschöpfung eine stattliche Geschwindigkeit vor, rannte zwischen den Häusern hindurch, die Taschenlampe an die Maschinenpistole gepresst. „>Glaube nicht<“, keuchte Abigail und trabte schwer schnaufend hinterher. Wenn er sich jetzt irrte, hatte womöglich ihr letztes Stündlein geschlagen. Der schwankende Lichtkegel von Yuris Lampe erfasste für eine Sekunde eine Gestalt in einem gelben Anzug und Helmglocke, die viel zu groß für die kleine Statur war. Das konnte nicht sein, war das da ein Kind vor ihm? Die Gestalt sprang nach rechts in die nächste unbeleuchtete Gasse, verschwand aus seinem Sichtfeld. Yuri rannte schneller, atmete schwer. Die Filter in ihren Anzügen brachten nach wie vor viel zu wenig Frischluft nach innen. Die Anstrengung, gepaart mit dem nicht ausreichenden Sauerstoff, ließ nun leichte Übelkeit in ihm aufsteigen. Er bog ebenfalls um die Ecke, sah die Gestalt wieder in einiger Entfernung vor sich, Abigail und Harry rannten knapp hinter ihm. Moment, da war noch etwas, weiter vorne! Yuri riss die Rechte mit der Taschenlampe nach oben, leuchtete über die fliehende Gestalt hinweg. Da war noch jemand! Eine zweite Person in einem ebensolchen Anzug mit viel zu großem Helm. Sie trug einen langen Gegenstand bei sich.
„Stehenbleiben!“, rief er, während er weiterrannte. Zuerst auf Amerikanisch, dann auf Russisch, hoffte auf eine Reaktion. Der Oberkörper der hinteren Gestalt schien sich für eine Sekunde nach hinten zu drehen. Offensichtlich wollte sie nachsehen, wie nah ihnen die Verfolger schon auf den Fersen waren. Dieser winzige Moment der Unachtsamkeit wendete das Blatt. Die Gestalt schlug in vollem Lauf mit dem linken Fuß gegen das Bruchstück eines Stuhls, den man offensichtlich aus einem der Häuser durchs Fenster hinausgeworfen hatte. Die Gestalt fiel hin und überschlug sich zweimal, versuchte sich sofort wieder aufzurappeln, landete aber erneut auf dem Bauch. Die zweite Person weiter vorne bremste ab, machte auf der Stelle kehrt und rannte zurück um zu Hilfe zu eilen. Augenblicke später erreichten auch die TRAP-Agenten die gestürzte Gestalt. Die beiden waren nur etwa 1,40 Meter groß, schlank, zierlich. Der Zurückgekehrte riss den Gestürzten mit einem kräftigen Ruck hoch und wieder auf die Beine. Yuris Lichtkegel erfasste die beiden, doch sofort musste er einer heransausenden Speerspitze ausweichen. Der längliche Gegenstand, den der eine mit sich führte, war eine Waffe.
„Nicht schießen“, rief Harry, sprang mit einem Satz vor Yuri und wehrte die nächste Stichattacke mit seiner Schwertklinge ab. Er biss die Zähne zusammen, als der Schmerz seiner gebrochenen Rippe dabei wie ein Blitz durch seinen Körper fuhr. Der Hüne sprang daraufhin einen großen Schritt zurück, einerseits um Harry mehr Platz zu geben, andererseits um sich schützend vor Abigail zu stellen. Die Gestalt drehte sich behände und führte eine neue Attacke gegen Harry aus, der den Speer mit einer gekonnten Parade abermals abwehrte. Als die Speerspitze mit voller Wucht auf die Klinge traf, gab diese einen hellen, geradezu singenden Ton von sich. Yuri richtete den Strahl der Lampe genau auf den Kopf der bewaffneten Gestalt und blendete sie. Die versuchte wiederum, sich schnell wegzudrehen. Harry erkannte seine Chance, sprang nach vorne in den Gegner hinein, packte den Speer und riss mit aller Kraft daran. Sein Gegner, mit der Aktion aus dem Gleichgewicht gebracht, stolperte ihm entgegen. Harry drehte das Schwert in seiner Rechten und rammte ihm das Griffende mit einem kurzen Hieb direkt in die Brust. Sein Gegner ließ den Speer los und schnappte lautstark nach Luft, wich zurück. Der Speer fiel zu Boden, Harry zog in einer tausendfach eingeübten Bewegung die Schwertklinge zum Hieb nach oben, bereit, wenn nötig den nächsten finalen Schlag zu setzen. Die andere Gestalt weiter hinten begann etwas zu schreien. Sie schrie mit heller Stimme in einer Sprache, die die Agenten noch nie zuvor gehört hatten. Yuri leuchtete sie an. Zum ersten Mal hielten sie still, zum ersten Mal konnte man ihrer beiden Gesichter erkennen. Es war eine Frau, die vorhin gestürzt war. Sie hatte lange weiße Haare, glatte und schöne, fast ein wenig kindlich wirkende Gesichtszüge. Ihre im Verhältnis zu der zierlichen Physiognomie großen Augen, die das Licht der Lampe in einer orangenen Färbung reflektierten, ließen sie unschuldig, ja geradezu verletzlich wirken. Die andere Gestalt war ein kahler Mann, der im Gesicht einige dieser Schriftzeichen tätowiert hatte. Ebenso wie die Frau hätte man sein Alter nicht schätzen können. Trotz der geringeren Körpergröße und der jugendhaften Züge schienen sie dennoch erwachsen zu sein. Seine Augen waren himmelblau, seine Haut so milchig weiß wie die seiner Begleiterin. Erneut rief ihm diese etwas zu. Es wirkte so als wolle sie ihn dazu bewegen, nicht weiter zu kämpfen. Der Mann griff an sein Bein, zog einen Dolch aus einer Tasche hervor und richtete diesen gegen Harry, der noch immer das Schwert erhoben hatte.
„Harry!“, rief Abigail aufgeregt von hinten. „Kein Risiko eingehen!“ Die Kontrahenten standen sich ein paar weitere Momente gegenüber, sahen sich in die Augen. Harry atmete tief durch um sich zu beruhigen, die schweißnassen Haare klebten ihm auf der Stirn. Er hatte eine Entscheidung getroffen. Er hoffte, sie würde sich als richtig erweisen. Auch wenn sie nicht die gleiche Sprache sprachen, diese beiden Personen waren ihre einzige Hoffnung in alledem. Langsam ließ er sein Schwert sinken ohne seinen Gegner aus den Augen zu lassen, streckte es von sich weg, ließ es demonstrativ auf den Boden fallen, auf dem es mit einem hellen Klingen auf die Pflastersteine traf.
„Bitte…“, flüsterte Abigail und zitterte leicht vor Aufregung. Yuri hingegen lächelte nun leicht und ließ die Maschinenpistole sinken.
„Hoffe Harry weiß was er macht“, flüsterte er zurück. Der Mann sah Harry mit leichter Fassungslosigkeit in den Augen an. Sein Gegner gab dessen Vorteil mit der größeren Waffe freiwillig auf, hätte ihn mit dieser Gelegenheit leicht töten können.
„Kennak!“, rief die Frau zu dem Mann und humpelte nun vorsichtig in seine Richtung. Es war klar, dass sie nicht mehr fliehen konnte. Anscheinend hatte sie sich bei dem Sturz leicht verletzt, ihre Schritte waren unsicher und wackelig. Noch hielt er das Messer in der Hand, stand ratlos vor Harry.
„Wir sind nicht gekommen um zu kämpfen. Wir sind nicht hier um zu plündern oder um zu töten“, begann Harry zu sprechen und streckte ihnen die leeren Handflächen entgegen. Langsam sprach er, so deutlich und ruhig wie möglich. Sie mochten seine Worte nicht verstehen, vielleicht verstanden sie jedoch die Absicht hinter ihnen? „Wir sind auf der Suche nach dem Ursprung der Crawler, die Monster, die uns Menschen bedrohen“, fuhr er fort. Die Frau legte den Kopf leicht schräg und kniff die Augen etwas zusammen. Sie hörte ihm zu, versuchte angestrengt ihn zu verstehen. Der Mann ließ mit einem Mal den Dolch in seiner Hand zu Boden fallen und gab seine Angriffshaltung auf, wie Harry es getan hatte.
„Die Monster…“, begann er zu sprechen. Seine Worte waren ungeübt und es kostete ihn merklich viel Anstrengung, diese für ihn so ungewohnten Laute zu formen. „Die Monster, wie du sie nennst, das ist unser Volk!“ Er spie Harry diesen Satz geradezu mit tiefster Verachtung entgegen.


Categorized as: Roman 4 (DE) | Romankapitel (DE)

Comments are disabled on this post


Comments are closed.